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Fragen zur Vereinssteuerung, Gemeinnützigkeit und Buchführung in Vereinen 
Ehrenamtsfreibetrag (§ 3 Nr. 26 a EStG)
von: Vereinsmeier352 ()
Datum: 19.01.2024

Ich habe noch eine weitere Frage. Wäre schön, wenn jemand kurz darauf eingehen könnte.

Den Ehrenamtsfreibetrag kann ich soweit durchaus grds. nachvollziehen: Ab Überschreiten des jeweiligen Freibetrags besteht für die jeweilige Person grds. die Pflicht, diesen der ESt-Besteuerung zu unterwerfen.

Nicht klar wäre für mich folgende Fallkonstellation:
(N.N. ist hier unsere Beispielperson)

N.N. engagiert sich insgesamt in zwei Vereinen:
In Verein A erhält er im Jahr XY 700,00 € Ehrenamtsfreibetrag, im Verein B 200,00 €. Damit wäre die Grenze iHv 840,00 € überschritten. N.N. muss dies in seiner persönlichen ESt-Erklärung angeben.

Hierzu habe ich folgende Frage(n):
a) Variante 1: Verein A weiß, dass N.N. diese Grenze insgesamt (!) überschreitet oder überschreiten wird.
Muss Verein A nun in irgendeiner Weise tätig werden?
Mir ist schon klar: Versteuern muss natürlich die Person N.N. diese Vergütung selbst bei sich in der ESt-Erklärung.
Aber: Darf A dem N.N. diese Vergütung überhaupt bezahlen (weil ja die Grenze eben überschritten wurde und A davon weiß)?

Zieht ein Überschreiten dieser Grenze auf alle Vereinstätigkeiten eines Jahres eine SV-Pflichtigkeit bei N.N. nach sich?
Müsste N.N. in Verein A oder Verein B oder womöglich sogar in beiden Vereinen als Arbeitnehmer (Minijob) geführt werden bzw. Lohnsteuer angemeldet werden?
Bzw.: Wie viel darf ein Verein seinen Mitgliedern überhaupt grds. zahlen, ohne dass der Verein (nicht die natürliche Person, die die Vergütung erhält) irgendwelche weiteren Punkte beachten muss?

b) Variante 2: Oder ist die Grenze des § Nr. 26a EStG auch gleichzeitig der Betrag, den EIN Verein EINER Person zuwenden darf, egal, ob eine Person nun mehrfach von verschiedenen Vereinen 840,00 € erhält?
Bsp.: N.N. erhält von A 840,00 €, von B ebenfalls 840,00 €. Bei beiden Vereinen wäre ja dann die Grenze zumindest nicht überschritten.
N.N. gibt auch das insgesamt in seiner ESt-Erklärung an: 840,00 € x 2 = 1.680,00 € ./. 840,00 € Freibetrag = d.h. zu versteuern grds. 840,00 €
Aber: Ensteht für den Verein nun ein Handlungsbedarf?

c) Variante 3: Die Vereine A und B wissen nichts von der jeweils anderen Vereinstätigkeit des N.N..
Was ändert sich ggf. nun?

d) Gibt es eine Verpflichtung, sich von jedem Mitglied eines Vereins schriftlich bestätigen zu lassen, dass der Ehrenamtsfreibetrag nicht bereits anderweitig ausgeschöpft wird? Im Netz stößt man mitunter auf solch ein Formular...


Vielen Dank für Eure Ausführungen im Voraus!

Re: Ehrenamtsfreibetrag (§ 3 Nr. 26 a EStG)
von: pfeffer ()
Datum: 19.01.2024

a) Variante 1: Verein A weiß, dass N.N. diese Grenze insgesamt (!) überschreitet oder überschreiten wird.
Muss Verein A nun in irgendeiner Weise tätig werden?

# Ja, hier besteht eine Prüfpflicht des Arbeitgebers.

Mir ist schon klar: Versteuern muss natürlich die Person N.N. diese Vergütung selbst bei sich in der ESt-Erklärung.

# Nein, bei einer abhängigen Beschäftigung muss der Arbeitgeber die Abgaben abführen.

Aber: Darf A dem N.N. diese Vergütung überhaupt bezahlen (weil ja die Grenze eben überschritten wurde und A davon weiß)?

# Ja, dann nur mit entsprechenden Abgaben.

Zieht ein Überschreiten dieser Grenze auf alle Vereinstätigkeiten eines Jahres eine SV-Pflichtigkeit bei N.N. nach sich?

# Ja.

Müsste N.N. in Verein A oder Verein B oder womöglich sogar in beiden Vereinen als Arbeitnehmer (Minijob) geführt werden bzw. Lohnsteuer angemeldet werden?

# Abgabenpflichtig wird immer der Arbeitgeber, der zuerst den Freibetrag überschreitet. Das kann nicht immer klar festgestellt werden.

Bzw.: Wie viel darf ein Verein seinen Mitgliedern überhaupt grds. zahlen, ohne dass der Verein (nicht die natürliche Person, die die Vergütung erhält) irgendwelche weiteren Punkte beachten muss?

# Bei einer abhängigen Beschäftigung nur bis zu den Freibeträgen. Der Freibetrag gilt übrigens nicht nur für Mitglieder.

Bsp.: N.N. erhält von A 840,00 €, von B ebenfalls 840,00 €. Bei beiden Vereinen wäre ja dann die Grenze zumindest nicht überschritten.

# Zu klären, ist wer zuerst zahlt. Den zweiten beißen die Hunde!

c) Variante 3: Die Vereine A und B wissen nichts von der jeweils anderen Vereinstätigkeit des N.N..
Was ändert sich ggf. nun?
# Das ändert nichts. Die Vereine haben hier eine Ermittlungspflicht, d.h. sie müssen das mit dem Arbeitnehmer klären.


d) Gibt es eine Verpflichtung, sich von jedem Mitglied eines Vereins schriftlich bestätigen zu lassen, dass der Ehrenamtsfreibetrag nicht bereits anderweitig ausgeschöpft wird?

# Eine Verpflichtung nicht, aber ein Risiko, wenn man es nicht macht.
Sozialversicherungsrechtlich haftet immer der Arbeitgeber, aber er kann dann die Abgaben vom Ehrenamtler zurückfordern.

Hinweis: Sie dürfen hier nicht selbstständige Tätigkeiten und abhängige Beschäftigung durcheinanderbringen.
Nur im ersten Fall, liegen die Abführungpflichten beim Auftragnehmer.

Re: Ehrenamtsfreibetrag (§ 3 Nr. 26 a EStG)
von: Vereinsmeier352 ()
Datum: 19.01.2024

Da haben Sie natürlich Recht: Der Ehrenamtsfreibetrag kann natürlich auch von anderen Personen (Nichtmitgliedern) in Anspruch genommen werden; habe ich oben aus Vereinfachungsgründen nicht geschrieben.

Also bei unserem Verein handelt es sich um einen Musikverein.
Alle spielenden Musiker dürfen die Ehrenamtspauschale gemäß Satzung erhalten.
Die Musiker sind zu > 95% Hobbymusiker.

Kein Musiker ist also in einem solchen Umfang in den Vereinsbetrieb eingegliedert, als dass man vom Zeitaufwand grds. von einer Arbeitnehmertätigkeit sprechen könnte:
Jeder Musiker übt natürlich zuhause in seiner Freizeit; ein Mal wöchentlich zusätzlich gemeinsame Probe im örtlichen Probelokal.
Ein "abhängiges Beschäftigungsverhältnis" (wie Sie oben erwähnten) kann demzufolge m.E. doch gar nicht vorliegen.
Oder sehe ich da doch etwas falsch? Danke nochmal für Ihre Hilfe!



Edited 1 time(s). Last edit at 19.01.2024 by pfeffer.

Re: Ehrenamtsfreibetrag (§ 3 Nr. 26 a EStG)
von: pfeffer ()
Datum: 19.01.2024

Kein Musiker ist also in einem solchen Umfang in den Vereinsbetrieb eingegliedert, als dass man vom Zeitaufwand grds. von einer Arbeitnehmertätigkeit sprechen könnte:

# Hier kommt es nicht auf den Zeitaufwand an. Entscheidend ist die fehlende Weisungsbindung und Eingliederung in die Organisation.

Re: Ehrenamtsfreibetrag (§ 3 Nr. 26 a EStG)
von: Vereinsmeier352 ()
Datum: 20.01.2024

pfeffer schrieb:
-------------------------------------------------------
> Kein Musiker ist also in einem solchen Umfang in
> den Vereinsbetrieb eingegliedert, als dass man vom
> Zeitaufwand grds. von einer Arbeitnehmertätigkeit
> sprechen könnte:
>
> # Hier kommt es nicht auf den Zeitaufwand an.
> Entscheidend ist die fehlende Weisungsbindung und
> Eingliederung in die Organisation.


Ok, vielen Dank.
Zusammenfassend verstehe ich das also so:
Ihrer Ansicht nach sind unsere aktiven Hobby-Musiker, die für das Mitspielen regelmäßig eine Vergütung (Ehrenamtsfreibetrag) erhalten, nicht in der Art in die Organisation eingebunden bzw. weisungsgebunden, als dass sie die Kriterien für eine Arbeitnehmereigenschaft bzw. ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis erfüllen könnten.
Wer nicht selbstständig ("nichtselbständig") ist, muss demzufolge nebenberuflich selbständig sein.
Dann können aber auch keine SV-Abgaben anfallen, wenn ich richtig liege...

Re: Ehrenamtsfreibetrag (§ 3 Nr. 26 a EStG)
von: pfeffer ()
Datum: 20.01.2024

Wer nicht selbstständig ("nichtselbständig") ist, muss demzufolge nebenberuflich selbständig sein.

# Wie gesagt wird jedes Beschäftgungsverhältnis getrennt betrachet. Wer nicht abhängig beschäftigt ist, ist selbstständig.

Dann können aber auch keine SV-Abgaben anfallen, wenn ich richtig liege...
# Bei selbstständigen Künsterlen kann KSK-Pflicht bestehen.

Man muss aber beachten: Sozialversicherungsrechtlich ist Selbstständigkeit die Ausnahme, abhängige Beschäftigung die Regel. Sonst könnte man sich nach Belieben dem Sozialversicherungssystem entziehen.

Re: Ehrenamtsfreibetrag (§ 3 Nr. 26 a EStG)
von: Vereinsmeier352 ()
Datum: 20.01.2024

Vielen Dank!!!

Re: Ehrenamtsfreibetrag (§ 3 Nr. 26 a EStG): Arbeitnehmer vs. Selbstständiger (nebenberuflich)
von: Vereinsmeier352 ()
Datum: 25.01.2024

Vielen Dank für Ihre wirklich sehr guten Ausführungen.
Ich muss trotzdem nochmal nachhaken, um es abschließend zu verstehen.

Wenn Person A (Mitglied des Vereins; geht dem Hobby nach, daher auf jeden Fall NEBEN dem Beruf) 1x pro Woche eine Musikprobe aufsucht, um dort mitzuspielen, kann man dann von einer WEISUNGSGEBUNDENheit gegenüber dem Verein/dem Vorstand/dem Dirigenten (oder wem auch immer) ausgehen? Klar, das MItglied spielt die Noten, die ihm vorgelegt werden, hat hier relativ wenig mitzuentscheiden.

EINGEBUNDEN in die Organisation ist ein solches Mitglied natürlich schon irgendwie, sonst hätte A ja bei Eintritt in den Verein nicht den Mitgliedsantrag unterschrieben.
Aber A hat ja immer noch einen freien Willen und könnte jeden Tag austreten, wenn er das möchte.

Also ob man hier dann gleich von einer Arbeitnehmereigenschaft sprechen könnte...???
Ich dachte, ob jemand als selbstständig oder nicht selbstständig einzustufen ist, da wird zur Beurteilung regelmäßig auf den Zeitaspekt abgestellt (vgl. 40h/5 Tage-Woche bzw. 8h-Grenze)?

Re: Ehrenamtsfreibetrag (§ 3 Nr. 26 a EStG): Arbeitnehmer vs. Selbstständiger (nebenberuflich)
von: pfeffer ()
Datum: 25.01.2024

Nein, der Zeitumfang spielt wie gesagt keine Rolle. Bei Musikern, die im Ensemble spielen, hätte ich Bedenken bezüglich der Selbstständigkeit, weil sie zeitlich, örtlich und inhaltlich weisungsgebunden sind.