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Rechtliche und organisatorische Fragen des Vereinslebens 
Ablehnung Mitgliedschaft - Missbrauch der Amtsstellung ?
von: Franjo ()
Datum: 15.10.2015

Hallo zusammen,
seit Tagen versuche ich positiv beschiedene Gerichtsentscheide ähnlich gelagerter Situationen, wie nachfolgend beschrieben, zu finden. Entnervt und leider ohne brauchbares Ergebnis.......
Habt ihr vielleicht eine gute Idee, wie ich notfalls meinen Antrag auf Mitgliedschaft erkämpfen könnte ?
Aus gesundheitlichen Gründen und zog ich vor einem knappen Jahr an den wunderbaren Bodensee.
Mein Partner und ich stolperten eher zufällig über eine händlerseitig im Internet angebotene über 50 Jahre alte Motoryacht samt Liegeplatz. Nachdem unsere Mails unbeantwortet blieben, versuchten wir vor Ort
einen Besichtigungstermin zu vereinbaren. Auch dies erfolglos.
Intensive Recherchen später hatten wir über Umwege die Telefonnummer des Eigners, und einige Erkenntnisse über die Örtlichkeit, dem besagten Motoryachtclub und der angrenzenden Schiffswerft.
Wir waren uns mit den derzeitigen Eignern, welche nach 50 Jahren altersbedingt verkaufen mussten,
mit Handschlag bald handelseinig. Es folgte ein inoffizielles Gespräch mit dem Präsidenten des
Vereines. Hierbei erfuhren wir, dass der Vorstand bereits über Sanktionen nachdachte, das Eignerpaar mit Nachdruck zum beseitigen des Sanierungsrückstandes zu zwingen. Auch die jahrelangen erfolglosen Verkaufsversuche wurden thematisiert. Sichtlich erleichtert über unsere Kaufsabsicht, informierte er uns
auch über das Prozedere der Antragsstellung auf Mitgliedschaft.
3 Jahre Gastmitglied (Mitgliedschaft auf Probe) und anschliessender Entscheid des Vorstandes zur Wandlung in eine Vollmitgliedschaft. Meine Bedenken, möglicherweise einer Willkür ausgeliefert zu sein, negierte er damit, dass bisher noch nie jemandem seines Wissens die Wandlung versagt wurde.
Wochenlang holten wir Angebote über diverse Revitmassnahmen ein, und waren schon sehr verwundert, dass ausgerechnet die dem Verein angrenzenden Reparaturunternehmen im Angebot um mehr als das sechsfache daneben lagen. Daher erhielt eine Werft aus dem angrenzenden Nachbarland den Zuschlag.
Sämtliche Termine, auch der Tag der Übergabe der Yacht und der Unterzeichnung des Kaufvertrages wurden für kommende Woche fixiert. Gestern rief mich der derzeitige Eigner überraschend an und erklärte mir, dass zuvor der Clubpräsident ihm in einem Telefongespräch nahe legte, den Vertrag mit uns nicht zu unterschreiben, denn angeblich wäre ein anderes Vereinsmitglied an der Yacht interessiert.
Die Eignerfamilie verteidigte natürlich ihr Recht auf freie Entscheidung. Der Präsident erwähnte wohl als Gegenargument, dass er meine Mitgliedschaft auf Probe wohl ertragen würde, den Antrag auf Vollmitgliedschaft definitiv anschliessend ablehnt. Die Eignerfamilie, mein Partner und ich sind im Moment entsetzt über die Art und Weise, wie unverblümt der Präsident seine persönichen Belange versucht durchzudrücken. Der angebliche Interessent ist wohl nicht nur Vereinsmitglied, sondern Gerüchten nach auch mit dem Präsidenten befreundet. Gerne würde dieses Mitglied seinen bisherigen Liegeplatz gegen den grösseren eintauschen.
Solange die derzeitigen Yachteigner Mitglied im Club bleiben, bleibt der Liegeplatz auch beim Schiff.
Gibt es für mich im Ansatz eine Chance die Mitgliedschaft notfalls mit rechtlicher Untersttützung zu erkämpfen ? ansonsten hätten beide Vertragsparteien ein echtes Problem
Die Sttahlyacht ist knapp 17 m lang und 4,5 m breit. Vor allem das enorme Eigengewicht der Yacht von fast 40 to. bringt mich nachvollziehbar in eine grosse Abhängigkeit zum Liegeplatz und Hafen.
Vielleicht haben Sie noch eine Idee ?
Viele Grüße. Franjo

Re: Ablehnung Mitgliedschaft - Missbrauch der Amtsstellung ?
von: Hardy ()
Datum: 15.10.2015

Hallo,
Grundsätzlich entscheidet der Vorstand (oder auch die MV) ob er ein neues Mitglied aufnehmen will (Aufnahmefreiheit). Ein Aufnahmezwang kann sich durch die Satzung ergeben oder durch die Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich (BGHZ 140, 77, Sportverband).
Lesen Sie mal die Satzung dieses Vereins. Falls er ein e.V. ist, liegt auch die Satzung dem zuständigen Vereinsregister vor.
Hardy

Re: Ablehnung Mitgliedschaft - Missbrauch der Amtsstellung ?
von: Franjo ()
Datum: 15.10.2015

Hardy schrieb:
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> Hallo,
> Grundsätzlich entscheidet der Vorstand (oder auch
> die MV) ob er ein neues Mitglied aufnehmen will
> (Aufnahmefreiheit). Ein Aufnahmezwang kann sich
> durch die Satzung ergeben oder durch die
> Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen
> Bereich (BGHZ 140, 77, Sportverband).
> Lesen Sie mal die Satzung dieses Vereins. Falls er
> ein e.V. ist, liegt auch die Satzung dem
> zuständigen Vereinsregister vor.
> Hardy

Hallo, und vielen Dank für das perfekte Ergebnis......
Lt. Satzung kann der Vorstand jederzeit ein Antragsgesuch kommentarlos ablehnen.
Standardgesuche sind hierbei sicher chancenlos, sofern nicht eine beweisbar sittenwidrige
Einstellung des Entscheidungsträgers zugrunde liegt.
In meinem Fall sehe ich eher den Analog zum genannten BGHZ Urteil.
Aufgrund der Beschaffenheit der Sache ist es nahezu unmöglich, überhaupt einen alternativ geeigneten Hafen samt Liegeplatz zu finden. Somit sehe ich hier eine jahrzehntelange Struktur der Abhängigkeit.
Im Umkehrschluss befindet sich der Verein in einer absoluten Machtstellung. In Abwägung sämtlicher Interessen und naheliegender Konsequenzen beider Parteien, würde mir bei einer fortbestehend ablehnender Haltung des Vorstandes, ein sehr hoher wirtschaftlicher Schaden entstehen.
Sofern meine Argumentation greift, müsste auch die dreijährige Probezeit entfallen, da das Ergebnis bereits planbar vorliegen würde.
Hätten Sie noch eine Idee hierzu, bzw. eine Ergänzung/Modifizierung zur Argumentation ?
Vorab nochmals vielen Dank für Ihre Unterstützung.

Re: Ablehnung Mitgliedschaft - Missbrauch der Amtsstellung ?
von: Hardy ()
Datum: 16.10.2015

Franjo, wenn der Yachteigner nicht an Sie & Partner verkauft, haben Sie keine Chance. Erst ist die Mitgliedschaft abzuklären, dann Kauf!, Wenn Sie die Satzung kennen, dann müsste doch dort etwas über die 3 Jahre Probezeit enthalten sein? Steht da nichts wäre das u.U. ein Anhaltspunkt gegenzuhalten.
Aber dann reagiert der Präsident sicher mit seinem "Busenfreund" im Klub wegen dem besseren Liegeplatz. Aber der Yachteigner hat seine Yacht dann sicher immer noch nicht los!
Hardy

Re: Ablehnung Mitgliedschaft - Missbrauch der Amtsstellung ?
von: Franjo ()
Datum: 16.10.2015

Hardy schrieb:
-------------------------------------------------------
> Franjo, wenn der Yachteigner nicht an Sie &
> Partner verkauft, haben Sie keine Chance. Erst
> ist die Mitgliedschaft abzuklären, dann Kauf!,
> Wenn Sie die Satzung kennen, dann müsste doch dort
> etwas über die 3 Jahre Probezeit enthalten sein?
> Steht da nichts wäre das u.U. ein Anhaltspunkt
> gegenzuhalten.
> Aber dann reagiert der Präsident sicher mit seinem
> "Busenfreund" im Klub wegen dem besseren
> Liegeplatz. Aber der Yachteigner hat seine Yacht
> dann sicher immer noch nicht los!
> Hardy

Schönen guten Abend,
kommt selten vor, aber im Moment weiss ich nicht worin Sie u.U. eine Chance sehen.
Die Satzung klärt ausschliesslich die Mitgliedschaft samt Bedingungen, kurz mit meinen Worten zusammenngefasst:
wer: ....können alle natürlichen Personen mit Interesse am Motorbootsport und Zielen des Vereins
was: ... Unterscheidung der verschiedenen Formen der Mitgliedschaft: Ordentliches Mitglied, Jugendmitglieder, Familienmitglieder, Ehrenmitglieder, Fördermitglieder.
Anschliessend sind die Bedingungen aufgelistet:
- ...Aufnahmeantrag .... dafür vorgesehene Formblätter .... an den Vorstand richten.
- ..Voraussetzung für die Aufnahme: ..Benennung von zwei Mitgliedern, die den Antrag unterstützen.
- ...Vorstand kann den Antrag ohne Angaben von Gründen ablehnen
-...Mit Aufnahme durch den Vorstand beginnt die Mitgliedschaft. ..... Unterwerfung der Satzung, Vorschriften und Vereinsrecht nach §§ 21 bis 79 BGB
-...Beitragspflicht etc....
Kein einziger Verweis auf die Mitgliedschaft auf Probe.
Diese ist in der Liegeflächenvereinbarung verankert. Diese Vereinbarung hat sicherlich ihre Berechtigung bei Mitgliedsanträgen mit extern zugeführten Boote, bei Bestandsschutz in meinen Augen nicht.
Nachdem der Vorstand damals meinem Partner und mir gegenüber versicherte, dass die Wandlung von Probe auf Voll bisher so gut wie immer vollzogen wurde, ausgenommen derjenigen, die gegen die in der Satzung verankerten Punkte verstossen haben, wurde der Vertrag bereits geschlossen.
Zur Sicherheit haben beide Vertragsparteien über den Vertragsinhalt Stillschweigen vereinbart.
Denn solange der Verkäufer offiziell Mitglied bleibt, ist der Liegeplatz geschützt. Auf mein Anraten hin wird der Verkäufer auch nicht die Liegeflächenvereinbarung unterschreiben, welche ansonsten sämtliche Bestandsrechte zwar auf den Probemitglied übergibt, dieser jedoch nach drei Jahren ohne Begründung abgelehnt werden kann, in meinem Fall hat der Vorstand dies ja bereits bestätigt.
Franjo

Re: Ablehnung Mitgliedschaft - Missbrauch der Amtsstellung ?
von: Hardy ()
Datum: 17.10.2015

Franjo, die Frage ist, ob diese Liegenschaftsordnung mit der Probezeit explizit Satzungsbestandteil ist.

Vereinsordnungen als Satzungsbestandteil

Vereinsordnungen als Satzungsbestandteil sind der Ausnahmefall. In der Regel ist ja gerade gewollt, flexiblere Regelungen neben die Satzung zu stellen. Ist die Vereinsordnung aber Satzungsbestandteil, gelten für sie die gleichen Vorschriften wie für die Satzung selbst: Sie wird ins Vereinsregister eingetragen und ihre Änderung wird wie eine Satzungsänderung behandelt – also mit den entsprechenden Mehrheitsanforderungen (nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Zweidrittelmehrheit).
Quelle: IWW, VB Vereinsbrief Ausgabe o7/2008, Seite 11)

Wenn also diese Probezeit nicht in der Satzung steht und selbst auch nicht beim Vereinsregister eingetragen ist, ist das sehr fraglich und ein Ansatz dort gegenzuhalten.

Re: Ablehnung Mitgliedschaft - Missbrauch der Amtsstellung ?
von: Franjo ()
Datum: 18.10.2015

Hardy schrieb:
-------------------------------------------------------
> Franjo, die Frage ist, ob diese
> Liegenschaftsordnung mit der Probezeit explizit
> Satzungsbestandteil ist.
>
> Vereinsordnungen als Satzungsbestandteil
>
> Vereinsordnungen als Satzungsbestandteil sind der
> Ausnahmefall. In der Regel ist ja gerade gewollt,
> flexiblere Regelungen neben die Satzung zu
> stellen. Ist die Vereinsordnung aber
> Satzungsbestandteil, gelten für sie die gleichen
> Vorschriften wie für die Satzung selbst: Sie wird
> ins Vereinsregister eingetragen und ihre Änderung
> wird wie eine Satzungsänderung behandelt – also
> mit den entsprechenden Mehrheitsanforderungen
> (nach den Vorschriften des Bürgerlichen
> Gesetzbuchs Zweidrittelmehrheit).
> Quelle: IWW, VB Vereinsbrief Ausgabe o7/2008,
> Seite 11)
>
> Wenn also diese Probezeit nicht in der Satzung
> steht und selbst auch nicht beim Vereinsregister
> eingetragen ist, ist das sehr fraglich und ein
> Ansatz dort gegenzuhalten.

Hallo Hardy, .... die Nacht wurde zum Tag.... Ich hab sämtliche Optionen durchgekaut, und keinen Ansatz von einer Probezeit in der Satzung gefunden. Danach prüfte ich soweit es mir möglich war gewisse Querverweise hierin. Bei Name, Sitz, Zweck ist eine Unterwerfungserklärung dahingehend verankert, dass der Verein und seine Mitglieder sich den Satzungen der DMYV, IBMV und des deutschen Wasserskiverbandes unterwerfen.( Auch hier nichts verwertbares)... Unter Aufnahme, dass der Aufnahmeantrag auf den dafür vorgesehenen Formblättern an den Vorstand zu richten ist. ..( hier kenne ich natürlich den Inhalt noch nicht).....Unter Pflichten der Mitglieder steht, dass die Mitglieder die von den Vereinsorganen gefassten Beschlüsse und Anordnungen zu befolgen haben, und an die Hafenordnung des Vereins. ...( Auch in dieser steht nichts von der Probezeit). Die Satzung endet mit einer Aufreihung der seit Beginn des Vereins verabschiedeten Satzungsänderungen. (Vermutlich dürfte dies nicht von Bedeutung sein) ... So wie es scheint, ist der Part der Probezeit nicht in der Vereinssatzung verankert, und nur Bedingung für die Liegeflächenvereinbarung... Welchen Weg würden Sie an meiner Stelle nun gehen ? Kommende Woche hat der Vorstand um ein Gespräch gebeten....

Re: Ablehnung Mitgliedschaft - Missbrauch der Amtsstellung ?
von: Hardy ()
Datum: 19.10.2015

BayObLG, 25.10.2000 - 3 Z BR 298/00

Amtlicher Leitsatz:

"Aus einer Vereinssatzung muß eindeutig hervorgehen, wie ein Dritter Mitglied wird und wie ein Mitglied ausscheidet und, ob sowie in welcher Höhe Mitgliedsbeiträge zu zahlen sind."

Da diese Probemitgliedschaft nicht Satzungsbestandteil ist, ist deren Anwendung seitens des Vorstands/Vereins nichtig. Sie kann nur wirksam sein, wenn durch eine Satzungsänderung und Eintrag beim Vereinsregister auch die Rechte und Pflichten der Probemitglieder enthalten sind.
Das wird im weiteren in diesem Urteil angesprochen.

Lesenswert ist auch von RA Otterbach sein Artikel "Vereinsverfassung und Vereinssatzung", wo er aufmerksam macht, dass sehr oft bei Tierzuchtvereinen Regelungen in Vereinsordnungen niedergelegt werden, wo davon nichts Satzungsqualität hat (BGH MDR 1984, 119,120).

Das sollten Sie unverblümt in der Vorstandssitzung mitteilen.

Hardy

Re: Ablehnung Mitgliedschaft - Missbrauch der Amtsstellung ?
von: Franjo ()
Datum: 19.10.2015

Hardy schrieb:
-------------------------------------------------------
> BayObLG, 25.10.2000 - 3 Z BR 298/00
>
> Amtlicher Leitsatz:
>
> "Aus einer Vereinssatzung muß eindeutig
> hervorgehen, wie ein Dritter Mitglied wird und wie
> ein Mitglied ausscheidet und, ob sowie in welcher
> Höhe Mitgliedsbeiträge zu zahlen sind."
>
> Da diese Probemitgliedschaft nicht
> Satzungsbestandteil ist, ist deren Anwendung
> seitens des Vorstands/Vereins nichtig. Sie kann
> nur wirksam sein, wenn durch eine Satzungsänderung
> und Eintrag beim Vereinsregister auch die Rechte
> und Pflichten der Probemitglieder enthalten sind.
> Das wird im weiteren in diesem Urteil
> angesprochen.
>
> Lesenswert ist auch von RA Otterbach sein Artikel
> "Vereinsverfassung und Vereinssatzung", wo er
> aufmerksam macht, dass sehr oft bei
> Tierzuchtvereinen Regelungen in Vereinsordnungen
> niedergelegt werden, wo davon nichts
> Satzungsqualität hat (BGH MDR 1984, 119,120).
>
>
> Das sollten Sie unverblümt in der Vorstandssitzung
> mitteilen.
>
> Hardy

Vielen, vielen Dank .... ich werde berichten :-))

Re: Ablehnung Mitgliedschaft - Missbrauch der Amtsstellung ?
von: Hardy ()
Datum: 20.10.2015

Franjo, noch einen Tipp zum lesen:
gehen Sie mal z.B. über Google rein, indem Sie dort eingeben:

Vereinsrecht Probemitgliedschaft Verein frage einen Anwalt.
Da findet man eine Frage durch ein Vereinsmitglied zur Probemitgliedschaft und die Antwort eines Anwalts vom 3.5.2011, Felix Hoffmeyer, dazu.
Da finden Sie weitere Argumente. Man kann das wohl alles kopieren und hier im Forum einstellen, aber auf Grund der Gesetze habe ich das nicht gemacht. Deshalb auf diese Weise mein Tipp.
Hardy