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Rechtliche und organisatorische Fragen des Vereinslebens 
MV ersatzlos ausfallen lassen?
von: Fw21 ()
Datum: 29.06.2021

Zur Vorgeschichte:

Die Mitgliederversammlung unseres Vereins hätte eigentlich bereits im November 2020 stattfinden sollen. Durch die Corona-Beschränkungen war das damals (bis vor einigen Wochen) in Präsenz aber nicht möglich. In unserer Satzung steht, dass die Versammlung jährlich stattfinden muss. Daher bestand das Amtsgericht zunächst auch darauf, dass wir diese in 2020 auf jeden Fall noch machen müssen, zumal auch Neuwahlen des Vorstandes anstehen. Wir wurden auf das "Corona Gesetz" verwiesen, wonach wir die Sitzung im Umlaufverfahren oder online durchführen könnten. Nach einigen Gesprächen hat sich das Amtsgericht schließlich bereit erklärt, dass wir die Versammlung ins erste Quartal 2021 verschieben können. Dazu mussten wir schriftlich bestätigen, dass die Vorstandsmitglieder mit dieser Verlängerung ihrer Amtszeit einverstanden sind und haben versichert, dass wir uns sobald die Corona Auflagen gelockert werden um einen Termin kümmern. Also ein Entgegenkommen des Amtsgerichts, indem dieses (eigentlich gegen die Satzung verstoßende) Vorgehen geduldet wird. Nun war es so, dass auch im gesamten 1. Quartal keine Besserung eingetreten ist. Daraufhin ließ der Vorsitzende die Frist verstreichen ohne nochmal Kontakt aufzunehmen. Bisher hat sich das Amtsgericht auch nicht mehr gemeldet.

Mittlerweile sind die Zahlen ja so gut, dass die Versammlung (meist ca. 30 Personen) relativ problemlos in Präsenz machbar wäre. Nun ist es leider so, dass die große Mehrheit im Vorstand der Meinung ist, man bräuchte die Versammlung jetzt ja auch nicht mehr nachzuholen. Das Amtsgericht würde ja offensichtlich sowieso nicht mehr danach fragen und außerdem hätten das Problem ja Tausende Vereine, die Arbeit sich mit denen allen "rumzuärgern" würde sich das Gericht sowieso nicht machen. Da in weniger als einem halben Jahr wieder November ist, könne man dann einfach wieder die reguläre MV machen. Dieses Vorgehen wurde vom Vorstand bereits mehrheitlich (2 Gegenstimmen) beschlossen.

Der Vorschlag von mir und einem Kollegen war: MV im Sommer nachholen und dabei die Satzung dahingehend ändern, dass die MV nicht mehr jährlich stattfinden muss sondern soll. Damit hätten wir das Problem zukünftig nicht mehr. Falls sich Corona im Winter wieder negativ entwickeln sollte, könnten wir mit der Regelung die MV im November auch problemlos verschieben oder absagen. Ansonsten könnte es uns passieren, dass wir im Winter schon das zweite Mal vor dem Problem stehen. Und irgendwann wird das Amtsgericht dann auch mal nachfragen.

Nun meine Fragen:

Können wir (Vorstand) persönlich bzw. der Verein irgendwie belangt werden, wenn wir den Vorstandsbeschluss umsetzen und die MV 2020 einfach (entgegen schriftlicher Zusage) nicht nachholen?
Kann das sonst irgendwelche Folgen haben?
Wir sind auch nur Dank des "Corona Gesetzes" überhaupt noch handlungsfähig, da unsere Satzung keine Regelung enthält, nach der der Vorstand bis zur Neuwahl im Amt bleibt. Das heißt wenn wir den Termin immer weiter verzögern und das Gesetz am Jahresende ausläuft riskieren wir, dass wir keinen Vorstand mehr haben, oder?

Vielen Dank schonmal für die Hilfe!

Re: MV ersatzlos ausfallen lassen?
von: Rosa ()
Datum: 30.06.2021

Fw21 schrieb:
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> Können wir (Vorstand) persönlich bzw. der Verein irgendwie belangt werden, wenn wir den Vorstandsbeschluss umsetzen und die MV 2020 einfach (entgegen schriftlicher Zusage) nicht nachholen?<

Nein, nur wenn die Mitglieder sich beschweren.

> Kann das sonst irgendwelche Folgen haben? <

Nein

> Wir sind auch nur Dank des "Corona Gesetzes" überhaupt noch handlungsfähig, da unsere Satzung keine Regelung enthält, nach der der Vorstand bis zur Neuwahl im Amt bleibt. Das heißt wenn wir den Termin immer weiter verzögern und das Gesetz am Jahresende ausläuft riskieren wir, dass wir keinen Vorstand mehr haben, oder?<

Ja, eine MV sollte dieses Jahr auf alle Fälle durchgeführt werden sowie eine Satzungsänderung.
"Die MV soll mindestens ein Mal jährlich stattfinden."

Re: MV ersatzlos ausfallen lassen?
von: pfeffer ()
Datum: 30.06.2021

Daher bestand das Amtsgericht zunächst auch darauf, dass wir diese in 2020 auf jeden Fall noch machen müssen

# Das Amtsgericht hat hier überhaupt keine Handhabe. Gibt es da wirklich eine Aufforderung von denen?

Also ein Entgegenkommen des Amtsgerichts

# Nein, das ist die aktuelle Gesetzeslage.

Nun ist es leider so, dass die große Mehrheit im Vorstand der Meinung ist, man bräuchte die Versammlung jetzt ja auch nicht mehr nachzuholen.

# Nachholen gibt es grundsätzlich nicht. Es geht nur um die Fassung der erforderlichen Beschlüsse.
Oder regelt die Satzung, dass bestimmte Beschlüsse nur auf einer speziellen MV gefasst werden können?

Da in weniger als einem halben Jahr wieder November ist, könne man dann einfach wieder die reguläre MV machen.

# Das ist grundsätzlich völlig in Ordnung.

die Satzung dahingehend ändern, dass die MV nicht mehr jährlich stattfinden muss sondern soll.

# Das ist in jedem Fall sinnvoll.


Können wir (Vorstand) persönlich bzw. der Verein irgendwie belangt werden, wenn wir den Vorstandsbeschluss umsetzen und die MV 2020 einfach (entgegen schriftlicher Zusage) nicht nachholen?

# Nein, das Aufschieben ist aktuell gesetzlich erlaubt

Kann das sonst irgendwelche Folgen haben?

# Probleme gäbe es nur, wenn der Vorstand - z.B. für Vertragsabschlüsse - die Zustimmung der MV braucht.

Wir sind auch nur Dank des "Corona Gesetzes" überhaupt noch handlungsfähig, da unsere Satzung keine Regelung enthält, nach der der Vorstand bis zur Neuwahl im Amt bleibt.

# Ja, nach dem "Corona-Gesetz" ist keine Satzungsregelung dafür erforderlich.


Das heißt wenn wir den Termin immer weiter verzögern und das Gesetz am Jahresende ausläuft riskieren wir, dass wir keinen Vorstand mehr haben, oder?

# Das muss man differenzieren. Wenn der Vorstand nicht mehr im Amt ist, kann er immer noch als Vorstand handeln (sog. faktischer Vorstand). Es entsteht eine sog. Duldungsvollmacht, wenn der Verein da nicht einschreitet. Probleme gibt es also nur, wenn die Mitgliedermehrheit da nicht mitgeht.

Re: MV ersatzlos ausfallen lassen?
von: Fw21 ()
Datum: 01.07.2021

Vielen Dank für die ausführlichen Antworten, das hilft uns sehr weiter!

# Das Amtsgericht hat hier überhaupt keine Handhabe. Gibt es da wirklich eine Aufforderung von denen?

Hierzu wollte ich noch kurz aufklären: Es gab keine Aufforderung sozusagen "von Amts wegen", sondern als absehbar war, dass es in 2020 nicht mehr machbar sein würde, haben wir beim Amtsgericht angefragt wie wir vorgehen können/sollen. Und dann wurde uns zunächst gesagt, dass wir die Versammlung auf jeden Fall noch machen müssten. Zur Not Online oder im Umlaufverfahren. In einigen Gesprächen haben wir daraufhin dargelegt, dass der Aufwand enorm ist und wir zudem viele ältere Mitglieder Ü70 und Ü80 haben, von denen die wenigsten in der Lage wären Online dabei zu sein. Daraufhin mussten wir dann einen Vorstandsbeschluss machen, dass wir mit der Verschiebung einverstanden sind und dass die Vorstandsmitglieder versichern ihr Amt so lange weiterzuführen. Der gesamte Vorstand hat das Schriftstück unterschrieben bevor es zum Amtsgericht geschickt wurde.
Wenn wir uns also nicht über die Vorgehensweise erkundigt hätten, wäre vermutlich nie was von denen gekommen.

Aber es beruhigt ja schonmal zu hören, dass wir nichts zu befürchten haben und das Vorgehen so in Ordnung ist. Von den Mitgliedern wird mit ziemlicher Sicherheit auch niemand etwas dagegen haben.

Eine Frage hätte ich aber noch:
Wenn die Wahl dann im Winter stattfindet, beginnt dann ganz regulär die 2-jährige Amtszeit? Also Ab November 2021 bis dann November 2023? Oder wird das "zurückdatiert" und wir müssten 2022 schon wieder wählen? Weil die Amtszeit ja theoretisch 2020 schon begonnen hätte.



Edited 1 time(s). Last edit at 01.07.2021 by Fw21.

Re: MV ersatzlos ausfallen lassen?
von: Rosa ()
Datum: 01.07.2021

Fw21 schrieb:
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> Wenn die Wahl dann im Winter stattfindet, beginnt dann ganz regulär die 2-jährige Amtszeit? Also Ab
November 2021 bis dann November 2023?<

Ja, sie beginnt 2021

> das "zurückdatiert" und wir müssten 2022 schon wieder wählen? Weil die Amtszeit ja theoretisch
2020 schon begonnen hätte.<

Nein, der neue Vorstand beginnt mit der Wahlannahme und Eintragung ins Vereinsregister.
Die Zeit zwischen 2020 bis 11/2021 wäre eine sogenannte "Übergangszeit".