Re: Belege digital ablegen
von: Erdelse ()
Datum: 11.01.2022
Hallo,
ich würde bei uns auch gerne auf vollständig digital umsteigen, habe da aufgrund meiner Erfahrungen im Steuerbüro, in dem ich arbeite, aber echte Bauchschmerzen, vor allem zu folgenden Punkten:
1. Zumindest im unternehmerischen Bereich muss eine Verfahrensdokumentation angelegt werden (wie oben schon beschrieben), bei der aber auch erklärt werden muss, wie man eine undokumentierte nachträgliche Änderung der Belege und Buchführungsunterlagen verhindert. In professionellen Buchführungs-Programmen funktioniert das über das "festschreiben" der Daten - wie aber kann man das mit den kleinen freien Programmen erreichen, die ein Verein nutzt?
2. Es besteht ja eine Belegvorhaltepflicht. Für 10 Jahre und mehr muss gewährleistet sein, dass sämtliche Belege jederzeit wieder eingesehen werden können, wenn das Finanzamt eine Prüfung vornimmt. Wenn man sich nicht teuer in einem Rechenzentrum einkauft, müsste man dafür sorgen, dass ausreichend Sicherungskopien vorliegen - falls z.B. der Vereins-Rechner seinen Geist aufgibt und gleichzeitig der Laptop des Vorsitzenden. Diese Kopien müsste man dann auch regelmäßig auf Lesbarkeit überprüfen: DVDs, USB-Sticks und Festplatten halten nicht ewig und durch neue Programmversionen sind evtl. ältere Dateiformate irgendwann nicht mehr lesbar. Auch da müsste das Verfahren theoretisch dokumentiert und gesichert sein. Bei uns ist es so geschehen (zum Glück gibt es noch die Papierakten...!), dass der Kassenwart sich aus dem Verein und seinem Posten zurückzog und, weil er der Meinung war, dass er die Dateien etc. nicht mehr haben dürfe, diese auf seinem PC alle gelöscht hat, bevor eine Übergabe an den Nachfolger stattgefunden hatte. Manches hatte der Vorsitzende noch, einiges ist aber verloren und muss neu zusammengebastelt werden.
3. Datenschutz. Wie gewährleistet der Verein im Falle, dass jemand, der seinen Posten verliert, alle digitalen Daten datenschutzkonform vernichtet? Gerade auf einem Privatrechner ist das praktisch gar nicht umzusetzen. Einfaches Löschen reicht nicht aus, weil die Dateien theoretisch trotzdem wieder gefunden und hergestellt werden können. Am sichersten ist die physische Zerstörung des Datenträgers, aber wer will seine Festplatte kaputthauen, nur weil er kein Vorsitzender mehr ist...? Und: Auch das müsste eigentlich dokumentiert werden.
Sicherlich wird der "kleine Verein von nebenan" eher nicht Ziel einer Datenspionage sein und vermutlich wird auch das Finanzamt da seltener hinschauen, ob die Verfahrensdokumentation und digitale Unveränderbarkeit der Unterlagen wirklich gegeben ist - aber: was ist, wenn doch etwas schiefgeht?
Ich bin gespannt, ob es hier dazu Erfahrungen gibt, oder Empfehlungen von Verbänden usw. Oder gibt es sogar für kleine Vereine erschwingliche Software und Dienstleister, mit denen man die Probleme der digitalen Buchführung erschlägt?