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Fragen zur Vereinssteuerung, Gemeinnützigkeit und Buchführung in Vereinen 
Strom- und Wasserkosten im Gartenverein
von: EVRA ()
Datum: 11.03.2022

Guten Tag Herr Pfeffer,
meine Fragen betreffen die steuerliche Einordnung der Einnahmen für weiterberechnete Strom- und Wasserkosten eines gemeinnützigen Gartenvereins an seine Mitglieder. Ich hatte bei Ihnen vor Jahren schon mal nachgefragt und Ihre Antwort erhalten: Zweckbetrieb, weil für die Verwirklichung der Kleingärtnerei zwingend notwendig. Jetzt haben wir vom Finanzamt die Aufforderung erhalten, dies als steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu führen (weil selbständige und nachhaltige Tätigkeit gemäß § 14 AO) und - weil die Einnahmen 22.500 € im Jahr 2020 überschritten haben - eine USt-Erklärung abzugeben. Nun meine Fragen:
1. Gibt es eine gesetzliche Grundlage bzw. einschlägige Rechtssprechung bezüglich der Zuordnung dieser Umsätze bei Kleingartenvereinen?
2. Wenn dies zum Zweckbetrieb gehört und umsatzsteuerlich nicht als Kleinunternehmung geführt werden kann, fällt dann der ermäßigte Steuersatz an oder gibt es irgendeinen Befreiungstatbestand?
3. Wenn dies in den steuerpflichtigen WGB gehört, müssen dann alle Umsätze mit 19 % berechnet werden oder gibt es auch Ermäßigung, z.B. bei Trinkwasser?
4. Nach Ansicht des Bundesverbandes der Kleingärtner fallen derartige Umsätze sogar in den ideellen Bereich, da sie keine selbständige Hauptleistung, sondern nur eine (nicht selbständige) Nebenleistung zur Verpachtung von Parzellen zur gärtnerischen Nutzung darstellten und berufen sich da auch auf den BFH. Kann das sein?
5. Das Schreiben des Finanzamts mit Information über die Neuzuordnung der Strom- und Wassereinnahmen sowie die Aufforderung zur Abgabe einer USt-Erklärung und einer EÜR für 2021 erhielten wir mit Datum 21.02.2022. Ginge das überhaupt für das Jahr 2021, obwohl wir weder in den Rechnungen noch in der Buchführung diese Umsatzsteuerpflicht berücksichtigt und erfasst haben?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort! Sie helfen mir wirklich immer sehr!

Evelyn Raudith

Re: Strom- und Wasserkosten im Gartenverein
von: pfeffer ()
Datum: 12.03.2022

1. Gibt es eine gesetzliche Grundlage bzw. einschlägige Rechtssprechung bezüglich der Zuordnung dieser Umsätze bei Kleingartenvereinen?

# Nein hier gelten die allgemeinen Regelungen des § 65 AO. Es gibt aber einen Erlass des FinMin Nordrhein-Westfalen vom 31.3.1993 (S 0171 - 49 - V B 4) der eine Orientierung liefert:
"Die Entscheidung über die steuerliche Behandlung der Wasser- und Stromgebühren bei Kleingartenvereinen kann nur im Einzelfall erfolgen. Nach dem Ergebnis der Erörterung auf Bundesebene ist es jedoch zulässig, hinsichtlich der Wasserversorgung in denjenigen Einzelfällen aus Rechtsgründen einen Zweckbetrieb (§ 65 AO) anzunehmen, in denen das Wasserwerk nicht bereit ist, Vertragsbeziehungen zu den einzelnen Kleingärtnern einzugehen. - Auf die Stromversorgung kann diese rechtliche Beurteilung nicht übertragen werden. "

2. Wenn dies zum Zweckbetrieb gehört und umsatzsteuerlich nicht als Kleinunternehmung geführt werden kann, fällt dann der ermäßigte Steuersatz an oder gibt es irgendeinen Befreiungstatbestand?

# Nein.

3. Wenn dies in den steuerpflichtigen WGB gehört, müssen dann alle Umsätze mit 19 % berechnet werden oder gibt es auch Ermäßigung, z.B. bei Trinkwasser?

Ja, nach Anlage 2 zu § 12 UStG Ziffer 34 ist die Wasserlieferung ermäßigt besteuert.

4. Nach Ansicht des Bundesverbandes der Kleingärtner fallen derartige Umsätze sogar in den ideellen Bereich, da sie keine selbständige Hauptleistung, sondern nur eine (nicht selbständige) Nebenleistung zur Verpachtung von Parzellen zur gärtnerischen Nutzung darstellten und berufen sich da auch auf den BFH. Kann das sein?

# Die Rechtsprechung ist hier nicht einheitlich, geht aber eher von einer eigenständigen Leistung, also von einer Nebenleistung, aus. In den ideellen Bereich fällt die Wasserlieferung auf keinen Fall. Es liegt ja ein Leistungstausch vor und die Lieferung wird nicht pauschal vergütet.

5. Das Schreiben des Finanzamts mit Information über die Neuzuordnung der Strom- und Wassereinnahmen sowie die Aufforderung zur Abgabe einer USt-Erklärung und einer EÜR für 2021 erhielten wir mit Datum 21.02.2022. Ginge das überhaupt für das Jahr 2021, obwohl wir weder in den Rechnungen noch in der Buchführung diese Umsatzsteuerpflicht berücksichtigt und erfasst haben?

# Ja, mindestens im Rahmen der Feststellungsverjährung können Bescheide und Erklärungen noch korrigiert werden.