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Rechtliche und organisatorische Fragen des Vereinslebens 
1.Vorsitzender handelt nicht nach der Satzung
von: simcar99 ()
Datum: 31.05.2016

Hallo zusammen,
ich habe ein paar Probleme und damit auch ein paar Fragen.

Bis vor kurzem war ich Säckelmeisterin in einem kleinen gemeinnützigen Verein. Unser Vorstand setzte sich aus folgenden Positionen zusammen: 1. Vorsitz, 2. Vorsitz, Säckelmeister (die 3 waren geschäftsführend, wobei jeweils 2 den Verein gerichtlich und aussergerichtlich vertreten haben), Schriftührer und eine Art Jugendwart.
Es gab seit längerem interne Streitigkeiten, die soweit gingen, dass der Präsident den Vize absägen wollte.

Am 16.4. fand dann die JHV statt, zu der pünktlich (laut Satzung 14 Tage vorher schriftlich) eingeladen wurde. Diese JHV wurde zügig abgearbeitet, bis es zum Punkt "Allgemeines" kam. Dort ab es zahlreiche Handzeichen. Unser Päsident war in das was dann kam eingeweiht (Vize absägen). Er wusste, dass einige Mitglieder einen Antrag auf Amtsenthebung des Vize stellen, andere hingegen einfach ein paar grundlegende Dinge klären wollten. Also nahm er direkt die dran, die den Vize absägen wollten.
Der Antrag wurde gestellt (meiner Meinung nach zu unrecht, denn laut Satzung hätte der Antrag eigentlich mind 3 Tage vorher schritlich beim Schriftührer eingereicht werden müssen). Auf Grund des Antrages meinte unser Präsident dann, er müsse den Vize sofort seines Amtes entheben und die Sitzung an dieser Stelle schließen. Niemand durfte sich mehr dazu äußern, alles wurde direkt abgeblockt. Wir waren natürlich sauer und sind gegangen.
Unser Schriftührer hat dann das Protokoll erstellt und es dem Präsi als Grobfassung per Mail zukommen lassen. Der hat sich das Ding runtergeladen, was zugefügt und geändert und den Schriftführer dazu genötigt das Protokoll zu unterschreiben. Da stehen jetzt also Sachen drin, die so nie passiert sind.
Der Vize, Schriftführer und ich haben daraufhin gekündigt (zum 31.12.2016) und sowohl der Schriftführer, wie auch ich haben unsere Ämter niedergelegt. Einzig der Vize hat nur gekündigt, weil er ja sowieso schon des Amtes enthoben war.

Ich hätte jetzt damit gerechnet, dass der Präsi sich an die Satzung hält und mit 14 tägiger Frist zu einer ausserordentlichen MV einläd, damit der Vorstand neu bestückt werden kann. Das ist nicht passiert.

Statt dessen sind der VIze und ich in Eigenregie am 9.5. zur Sparkasse und haben unsere Vollmachten abgegeben. Daraufhin riefen die von der Kasse beim Präsi an, da ja quasi niemand mehr für das Konto verantwortlich war und er nicht alleine handeln konnte.
Noch am selben Tag haben wir per WhatsApp eine Einladung zur ausserordentlichen MV bekommen, die 48 Stunden später stattfinden sollte.
In der Satzung gibt es nichts konkretes zur ao MV, daher muss diese dann doch eigentlich wie eine reguläre MV behandelt werden, mit schriftlicher Einladung für jedes Mitglied 14 Tage vorher. Diese Einladung per WhatsApp haben einige nicht mehr bekommen, weil die Diferenzen teilweise so groß waren und sie die WA Gruppe schon verlassen hatten. Und weil das alles so super kurzfristig war konnten einige auch nicht zu dieser MV gehen, weil entweder kein Babysitter greifbar war oder sie arbeiten mussten und kurzfristig nicht mehr tauschen konnten. Wir konnten also auch nicht mitwählen. Das Ergebnis der Wahl wurde wieder nur per WA bekannt gegeben.

Bisher war es so, dass jedes Mitglied nach einer MV ein Protokoll per Mail bekommen hat, egal ob es anwesend war oder nicht. Auf die letzten beiden Protokolle haben wir warten müssen. Ich habe den Verein schriftlich angemahnt und die Herausgabe der Protokolle der JHV und der ao MV gefordert. Laut Geschäftsordnung ist der Schriftführer dazu verpflichtet die Protokolle 14 Tage nach einer MV dem Vorstand und den Teilnehmern zukommen zu lassen. Das Protokoll des JHV haben wir dann bekommen. Das andere Protokoll würde mir nicht zustehen, weil ich kein Teilnehmer war, bekam ich dann schriftlich geantwortet. Ich bin aber der Meinung, dass es uns trotz der Kündigung zusteht, weil dort wichtige Entscheidungen getroffen wurden (Neuwahl des Vorstandes) und wir noch bis Ende des Jahres Mitglied sind und diese Entscheidungen ja mit tragen müssen.

Mit guten Worten kommen wir da einach nicht weiter. Wir wissen als ehemaliger Vorstand noch nicht mal, ob und wann wir aus dem Vereinsregister gestrichen werden und damit auch nicht mehr haftbar sind. Denn so wie das alles gelaufen ist mit den Einladungen und Versammlungen sieht es für mich eher so aus, dass das alles durch etliche Formfehler etc nichtig ist. Der Vize wurde nach dem Antrag nicht mehr angehört, wie es eigentlich sein sollte und wäre doch somit regulär noch im Amt, denn des Amtes entheben kann selbst der 1. Vorsitzende nicht einfach so oder sehe ich das jetzt falsch?

Ich weiß, ist eine lange und Komplizierte Sache. Ich persönlich bin im Rechtschutz. Habe ich eine Chance dagegen anzugehen, damit alles korrekt läuft und ich mein Protokoll bekomme? Im Moment machen die was sie wollen da. Sogar der Briefkopf ist falsch, Da steht ein Vereinsname drauf, der so nicht eingetragen ist, aber offiziell benutzt wird.

Vielen Dank für eure Tipps

Re: 1.Vorsitzender handelt nicht nach der Satzung
von: Hardy ()
Datum: 31.05.2016

Hallo simcar99,
viel Text, aber:
1. M.M.n. kann die Abwahl des 2.Vors. nicht auf die geschilderte Weise erfolgen .Sie muss in der Einladung als TOP stehen, vgl. BGB § 32. Im TOP „Allgemeines“ geht das nicht, selbst wenn es 3 Tage vorher dem 1.Vors. bekannt war bzw. einzelne Mitglieder dies als Antrag stellten. Und selbst der Vors. kann den 2.Vors. nicht seines Amtes in der MV entheben. Das muss so explizit in der Satzung stehen, sondern in der Regel ist die MV als Bestellungsorgan des Vorstandes zuständig für die Wahl, Abwahl oder wie man das nennen möchte, vgl. BGB § 27.
2. Die ao-MV muss so wie Du schreibst nach Eurer Satzung 14-tägig eingeladen werden.
3. Kompliziert wird dies, dass Du und andere ihre Funktion niedergelegt haben und gekündigt haben. Ich halte das für voreilig, denn ändern kann man dadurch fast nichts! Da kann man ja auch nicht mal über ein Minderheitsverlangen eine MV einberufen.
4. Ihr könnt natürlich Euch an das Registergericht wenden, z.B. wegen der Neuwahl in einer nicht satzungsgemäßen MV. Gestrichen werden nur die Vorstände lt. BGB § 26, aber nur wenn das Protokoll beim Registergericht vorliegt.
Hardy

Re: 1.Vorsitzender handelt nicht nach der Satzung
von: Hardy ()
Datum: 05.06.2016

Noch zur TO ein Nachtrag zum Lesen:

Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 17.12.2014, 3 W 198/14
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Schönen Sonntag!
Hardy