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Rechtliche und organisatorische Fragen des Vereinslebens 
Rücktritt Vereinsvorstand
von: Klaus Terbrack ()
Datum: 12.01.2024

Hallo Herr Pfeffer,
ein Vereinsvorstand will sich auf der turnusmäßigen MV nach Ablauf seiner satzungsmäßigen Amtszeit nicht wieder zur Wahl stellen. Hintergründe sind Querelen und finanzielle Sorgen.
Es gibt keine Kandidaten für eine Neubesetzung des Vorstands.
In der Satzung steht der Satz: Die jeweils amtierenden Vorstandsmitglieder bleiben nach Ablauf ihrer Amtszeit im Amt bis Nachfolger*innen gewählt sind.
Können die Vorstandsmitglieder trotzdem rechtswirksam von ihren Ämtern zurücktreten bzw. ihre Amtszeit enden lassen?
Wenn der Verein keinen Vorstands mehr hat: in welchen Fällen bestimmt das Registergericht einen Notvorstand und welche Personen kommen dafür in Frage?

Vielen Dank!

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: pfeffer ()
Datum: 12.01.2024

Können die Vorstandsmitglieder trotzdem rechtswirksam von ihren Ämtern zurücktreten bzw. ihre Amtszeit enden lassen?

# Ja, die Amtszeitverlängerungsklausel bezieht sicht nur auf das automatische Ablaufen der Amtsperiode.

Wenn der Verein keinen Vorstands mehr hat: in welchen Fällen bestimmt das Registergericht einen Notvorstand und welche Personen kommen dafür in Frage?

# Ein Notvorstand kann in diesem Fall nicht, bestellt werden, weil ja eine Neuwahl möglich ist.
Der Notvorstand ersetzt nicht den regulären Vorstand. Findet sich kein neuer Vorstand, muss der Verein aufgelöst werden.

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: Karu ()
Datum: 12.01.2024

Hallo Herr Pfeifer,

wenn sich auf der MV kein neuer Vorstand findet und so die Auflösung des Vereines ansteht, würde das in der selbigen Mv beschlossen werden oder müsste dafür zu einer neuen außerordentlichen MV geladen werden.

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: pfeffer ()
Datum: 13.01.2024

Das kann auch in der gleichen MV beschlossen werden. Es muss halt auf die Tagesordnung.

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: Klaus Terbrack ()
Datum: 13.01.2024

Muss der Vorstand trotz Ablauf der Amtszeit auf der MV noch seinen Rücktritt erklären wegen der Verlängerungsklausel?

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: pfeffer ()
Datum: 13.01.2024

Ja, weil sich die Amtszeit ja verlängert und die Amtszeitverlängerungsklausel wahrscheinlich auf die Neuwahlen bezogen ist.



Edited 1 time(s). Last edit at 15.01.2024 by pfeffer.

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: Klaus Terbrack ()
Datum: 15.01.2024

Hallo Herr Pfefferr,
mal wieder 1000 Dank für Ihre Unterstützung.
Was mich jetzt noch beschäftigt ist die Frage: wenn der Verein keinen Vorstand mehr hat, wer handelt dann, lädt zu einer weiteren MV ein, bei der entweder der Auflösung beschlossen oder ein neuer Vorstand gewählt wird?

Hochachtungsvoll

Klaus Terbrack

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: pfeffer ()
Datum: 15.01.2024

Der nicht mehr amtierende Vorstand darf noch einladen, solange er im Vereinsregister eingetragen ist.
Falls er sich weigern würde, könnte ein Notvorstand bestellt werden.

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: Timon Scheuer ()
Datum: 15.01.2024

Guten Tag Herr Pfeffer,

nachdem Herr Terbrack mit seinen Fragen an Sie in diesem Chat-Verlauf schon viel Licht ins Dunkel für uns bringen konnte, wende ich mich nun - als ein Mitglied des amtierenden Vorstands, um den es hier geht - auch einmal persönlich an Sie.

Ich habe nun verstanden, dass sich unser Verein im Grunde auflösen müsste, sollte in der HEUTIGEN MV keine Nachfolge für unsere Vorstandsämter gefunden werden. Dies kann jedoch nicht heute geschehen, da in der Einladung zur MV der entsprechende Tagesordnungspunkt nicht aufgeführt wird.

Deshalb planen wir nach einer möglicherweise gescheiterten Neuwahl noch am heutigen Abend satzungskonform zu einer neuen MV einzuladen, die dann die Auflösung des Vereins zum Gegenstand hat. Nach Versendung dieser Einladung würden wir dann, ebenfalls noch am heutigen Abend, geschlossen unseren Rücktritt erklären.

Nun zu meiner Frage: In diesem Szenario, wer füllt das Vakuum, das in der Zeit bis zur nächsten MV entstünde? Der Verein führt einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und hat entsprechend vertraglich zugesicherte Pflichten (wie bspw. Auftritte von Künstlern) zu erfüllen. Zudem ist es möglich (wenn auch unwahrscheinlich), dass in den kommenden 2 bis 3 Wochen ein Insolvenzverfahren eröffnet werden muss. Kurz um: Müssten wir als Geschäftsführender Vorstand - trotz Rücktritts - in der Zeit des Fortbestehens des Vereins bis zur satzungskonformen Auflösung die Vertretung und Verantwortung für den Verein wahrnehmen oder wer käme stattdessen in Frage?

Vielen vielen Dank im Voraus für Ihre Mühe und Ihre überaus hilfreichen und kurzfristigen Antworten!

Mit freundlichen Grüßen

Timon Scheuer

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: pfeffer ()
Datum: 15.01.2024

Nun zu meiner Frage: In diesem Szenario, wer füllt das Vakuum, das in der Zeit bis zur nächsten MV entstünde?

# Wickelt denn der Vorstand die laufenden Aktivitäten ab? Wenn nein, wird er nicht zwingend benötigt. Es sollten aber die Mitarbeiter, die die laufenden Arbeiten machen, durch eine Vollmacht abgesichert werden.
Es kann ja grundsätzlich jeder für den Verein handeln, nur unterliegt er dann dem Haftungsrisiko der Geschäftsführung ohne Vollmacht. Davon kann die MV befreien.
Probleme gibt es nur, wenn jemand bei der Außenvertretung des Vereins (Vertragsabschlüsse) den Registerauszug sehen will.
Im Übrigen gelten die Regelungen zum faktischen Vorstand - auch dem Finanzamt gegenüber. Es haftet also steuerlich, wer für den Verein handelt.
Die formelle Wahl und Eintragung des Vorstands wird in seiner rechtlichen Bedeutung oft missverstanden. Der Verein ist auch ohne gewählten Vorstand handlungsfähig, nur müssen dann die handelnden Vereinsvertreter intern anders abgesichert werden, weil ihnen die gesetzliche Vertretungsberechtigung fehlt.

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: Timon Scheuer ()
Datum: 15.01.2024

Moin Herr Pfeffer,

vielen Dank für ihre schnelle Rückmeldung.

Das ermöglicht uns eine spannende Perspektive. Denn die Möglichkeit, dass die Angestellten vorerst weiter im Rahmen ihrer bisherigen Beschäftigung das Geschäft fortführen können, indem wir als Mitgliederversammlung eine Vollmacht ausstellen ist uns neu.

Bleibt für mich vorerst nur die Frage offen, wer in diesem Szenario verpflichtet wäre eine mögliche Insolvenz anzumelden, wenn es zu diesem Punkt in der Zeit kommt, indem der Verein ohne Vorstand da steht und die Angestellten auf Basis der erteilten Vollmacht agieren?

Noch einmal besten Dank!

Timon Scheuer

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: pfeffer ()
Datum: 15.01.2024

Bleibt für mich vorerst nur die Frage offen, wer in diesem Szenario verpflichtet wäre eine mögliche Insolvenz anzumelden, wenn es zu diesem Punkt in der Zeit kommt, indem der Verein ohne Vorstand da steht und die Angestellten auf Basis der erteilten Vollmacht agieren?

# Ich verstehe nicht recht, warum die Alternative eine Insolvenz sein soll. Ist denn der Verein überschuldet oder zahlungsunfähig? Wenn ja, bestünde für den faktischen Vorstand u.U. ein Haftungsrisiko.

Außerdem müsste man natürlich klären, warum sich kein neuer Vorstand findet. Das kann u.U. auch eine vergütete Tätigkeit sein.

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: Timon Scheuer ()
Datum: 15.01.2024

Moin Herr Pfeffer,

es besteht die Möglichkeit, dass der Verein in den kommenden 2-3 Wochen Insolvenz anzumelden. Dies kommt aber auf ein paar Faktoren, wie bspw. den wirthschaftlichen Erfolg einiger bevorstehender Veranstaltungen an.

Daher die Frage, wer im Falle des beschriebenen Falls die Verantwortung tragen würde, diese Insolvenz anzumelden, wenn der amtierende Vorstand heute Abend im Zuge der MV geschlossen seinen Rücktritt erklärt und keine Nachfolge gefunden wird (aktuell gibt es keine Interessenten aufgrund verschiedenster Faktoren, eine mögliche Bezahlung wird höchstwahrscheinlich daran nichts ändern)? Denn wenn ich es richtig verstehe, gebe es dann ja vorübergehend keinen faktischen Vorstand, sondern nur Angestellte, die auf Basis einer durch die MV erteilten Vollmacht agieren.

Ich hoffe, das macht es nachvollziehbarer.

Besten Dank!

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: pfeffer ()
Datum: 15.01.2024

Im Eigeninteresse sollte der alte Vorstand die Anmeldung der Insolvenz vornehmen. Es gibt einschlägige Rechtsprechung zum "Rücktritt zur Unzeit". Daraus könnten Haftungsfolgen entstehen. Die Insovenzhaftung tritt aber auch den faktischen Vorstand.
Immer gilt aber, dass erst die Insolvenzreife eintreten muss.

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: Klaus Terbrack ()
Datum: 20.01.2024

Hallo Herr Pfeffer,
würde denn auch der "Rücktritt zur Unzeit" einschlägig sein, wenn der Vorstand am Ende seiner regulären Amtszeit nicht wieder zur Wahl antritt und auf Grund der Formulierung in der Satzung zur nachlaufenden Vorstandstätigkeit / Amtszeitverlängerungsklausel zusätzlich der Rücktritt erklärt wird?

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: pfeffer ()
Datum: 20.01.2024

würde denn auch der "Rücktritt zur Unzeit" einschlägig sein, wenn der Vorstand am Ende seiner regulären Amtszeit nicht wieder zur Wahl antritt und auf Grund der Formulierung in der Satzung zur nachlaufenden Vorstandstätigkeit / Amtszeitverlängerungsklausel zusätzlich der Rücktritt erklärt wird?

# Erstens ist das kein Rücktritt und zweitens ist der Verein dann ja vorbereitet und damit liegt keine "Unzeit" vor.

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: Klaus Terbrack ()
Datum: 22.01.2024

wiederum vielen Dank

Nur nochmal Interesse halber:
Die reguläre Amtszeit ist abgelaufen, der Vorstand tritt nicht erneut an, möchte aber nicht auf Grund der nachlaufenden Klausel bis zur ungewissen Neuwahl eines Vorstands weiter das Vorstandsamt ausüben:

# Erstens ist das kein Rücktritt und zweitens ist der Verein dann ja vorbereitet und damit liegt keine "Unzeit" vor.

Wenn es kein Rücktritt ist, wie dokumentiert der Vorstand dann, dass er das Vorstandsamt trotz der nachlaufenden Klausel nicht weiter ausüben will?



Edited 1 time(s). Last edit at 22.01.2024 by pfeffer.

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: pfeffer ()
Datum: 22.01.2024

Wenn es kein Rücktritt ist, wie dokumentiert der Vorstand dann, dass er das Vorstandsamt trotz der nachlaufenden Klausel nicht weiter ausüben will?

# Wenn es zu keiner Neuwahl kommt, muss der Vorstand in der Tat zurücktreten, damit nicht die Amtverlängerungsklausel weiter gilt.

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: Klaus Terbrack ()
Datum: 23.01.2024

Und wäre dann der Tatbestand des Rücktritts zur Unzeit einschlägig?

Re: Rücktritt Vereinsvorstand
von: pfeffer ()
Datum: 23.01.2024

Nein, der Verein weiß ja, dass Neuwahlen erforderlich sind.