Vereinsknowhow - Kurzinfo:
Ausschließlichkeitsgebot – BFH zum Umfang wirtschaftlicher Tätigkeiten

1.12.2020

In welchem Umfang eine gemeinnützige Organisation im nicht steuerbegünstigten Bereich wirtschaftlich tätig sein darf, haben Rechtsprechung und Finanzverwaltung nur vage festgelegt. Ein Urteil des Bundesfinanzhofs liefert jetzt ein konkreteres Kriterium (BFH, Beschluss vom 4.03.2020, I B 57/18).

Nach § 51 Abgabenordnung (AO) muss eine Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke ausschließlich verfolgen. Kaum eine andere Voraussetzung für die Gemeinnützigkeit ist ähnlich vage wie das Ausschließlichkeitsgebot, weil es sich im engeren Sinn faktisch nur auf die satzungsmäßigen Zwecke bezieht. Zweck des Ausschließlichkeitsgebots ist es zu verhindern, dass auch Organisationen begünstigt werden, die überwiegend andere als gemeinnützige Zwecke verfolgen – z.B. ein Gastronomiebetrieb, der auch Musikveranstaltungen durchführt.

Die Finanzverwaltung zieht hier mit Verweis auf die Rechtsprechung (BFH, Urteil vom 4.4.2007, I R 76/05) keine festen Grenzen. Vermögensverwaltung und wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die Nicht-Zweckbetriebe sind, dürfen in der Gesamtschau demnach nicht zum Selbstzweck werden und in diesem Sinne neben die Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks der Körperschaft treten.

Konkrete Grenzen für nicht begünstigte Tätigkeiten setzten Rechtsprechung und Finanzverwaltung nicht. Das Verhältnis der Einnahmen aus dem begünstigten und dem nicht begünstigten ist jedenfalls kein Kriterium. Im Einzelfall ist es sogar unschädlich, wenn sich eine Organisation ausschließlich aus Vermögensverwaltung und steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben finanziert (AEAO, Ziffer 1 zu § 56).

Es muss also im Einzelfall geklärt werden, ob die Mittelerwirtschaftungsbetriebe dem steuerbegünstigten Zweck „untergeordnet“ oder ein davon „losgelöster Zweck oder gar Hauptzweck“ der Betätigung der Körperschaft sind. Die Frage der zweckgebundenen Verwendung der in den Mittelbeschaffungstätigkeiten erzielten Erlöse ist dabei nicht die allein ausschlaggebende.

Der BFH hat hier jetzt eine Konkretisierung vorgenommen: Ob eine wirtschaftliche Tätigkeit um ihrer selbst willen ausgeübt wird, kann sich danach richten, wie viel Zeit und Personal im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingesetzt wird.

Der Fall

Eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) hatte laut Satzung den Zweck der „selbstlosen Unterstützung und Förderung von Kunst und Kultur“. Sie erwarb und verkaufte in erheblichem Umfang fremdfinanziert Aktien von ausländischen Anteilseignern (sog. Dividendenstripping-Geschäfte) und wollte durch die Gemeinnützigkeit die Kapitalertragsteuer einsparen Nachdem das Finanzamt durch die Steuerfahndung von den Aktiengeschäften Kenntnis erlangt hatte, versagte es der UG die Steuerbefreiung wegen Verstoßes der tatsächlichen Geschäftsführung gegen die Gemeinnützigkeitserfordernisse und erließ einen Vorauszahlungsbescheid über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag. Dagegen legte die UG Einspruch ein. Das FA lehnte den Antrag ab. Der BFH gab dem Finanzamt Recht und wies die Beschwerde als unbegründet zurück.


Zeit- und Personaleinsatz kann ein Kriterium sein

Wie die Vorinstanz hatte auch der BFH keine ernstlichen Zweifel daran, dass die UG körperschaftsteuerpflichtig ist. Die tatsächliche Geschäftsführung – so das Gericht – war nicht auf die ausschließliche Verfolgung der satzungsmäßigen gemeinnützigen Zwecke gerichtet. Damit hatte die UG gegen § 56 AO verstoßen hat, dem zufolge die steuerbegünstigten Zwecke von der Körperschaft ausschließlich verfolgt werden müssen.

Zwar stehe die Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs der Steuerbegünstigung nicht entgegen, wenn dieser betrieben wird, um der Körperschaft Mittel für die gemeinnützigen Zwecke zu verschaffen und die Überschüsse dem steuerbegünstigten Zweck zugutekommen. Der Geschäftsbetrieb darf aber nicht um seiner selbst willen betrieben werden. Ob eine wirtschaftliche Tätigkeit um ihrer selbst willen ausgeübt wird, kann sich danach richten, wie viel Zeit und Personal im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingesetzt wird.

Im behandelten Fall war das Ergebnis: Der überwiegende Teil der tatsächlichen Geschäftsführung war darauf gerichtet, Aktiengeschäfte durchzuführen. Das ergab sich aus dem Umfang der Aktientransfers, aus dem hierzu notwendigen Aufwand für die komplexen vertraglichen Gestaltungen der Aktiengeschäfte, deren Kreditfinanzierung sowie den Sicherungsgeschäften, aus der Erstellung und Abstimmung der diesem Gesamtkonzept zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarungen und Erklärungen und aus der Rolle des Geschäftsführers der Antragstellerin, der von der Bank als "professioneller Kunde" eingestuft wurde.

Die Allgemeinheit hatte demgegenüber im Gründungsjahr und im Streitjahr mit Ausnahme einer einwöchigen Kunstausstellung keinen Nutzen von den Tätigkeiten der UG gehabt.

Der BFH nennt aber den Zeit- und Personaleinsatz nur als ein mögliches Kriterium für die Einhaltung des Ausschließlichkeitsgebots. Offen bleibt, inwieweit andere Kriterien hinzu gezogen werden können und wie diese gewichtet werden. Das Bundesfinanzministerium BMF rückt insbesondere die Mittelverwendung in den Vordergrund: „Die Vermögensverwaltung sowie die Unterhaltung eines Nicht-Zweckbetriebs sind aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts nur dann unschädlich, wenn sie um des steuerbegünstigten Zwecks willen erfolgen, indem sie z. B. der Beschaffung von Mitteln zur Erfüllung der steuerbegünstigten Aufgabe dienen.“ (AEAO, Ziffer 1 zu § 56)

Hinweis: Der BFH kam außerdem zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Einnahmen aus den Wertpapiergeschäften um keine Kapitalerträge handelte. Die Erträge wären also auch ohne Verlust Gemeinnützigkeit steuerpflichtig gewesen.

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