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6.11.2023 Ein bezahlter Vorstand ist praktisch immer sozialversicherungspflichtig. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg stellt die Rechtslage in einem aktuellen Urteil detailliert dar (23.02.2023, L 4 BA 24/20). Das LSG stellt zunächst klar, dass es für Organmitglieder von Körperschaften des privaten Rechts – hier dem Vereinsvorstand – keine Besonderheiten bei der sozialversicherungsrechtlichen Bewertung gibt. Es kommt wie bei anderen Beschäftigungsverhältnissen darauf an, ob die Tätigkeit weisungsgebunden ausgeübt wird und/oder der Vorstand in die Strukturen des Vereins in prägender Weise eingegliedert ist. Hier ergeben sich aber Besonderheiten aus dem Vereinsrecht, die insbesondere die Weisungsbindung und die Entgeltlichkeit des Vorstandsamtes betreffen.
Wird der Vorstand für seine Tätigkeit vergütet, entstehen zwei Rechtsverhältnisse: Zum einen die Bestellung als Organ, für die im Verein die Regelungen zum Auftrag gelten (sog. unentgeltliche Geschäftsbesorgung). Erhält der Vorstand über einen bloßen Aufwandsersatz hinaus eine Vergütung für seine Arbeitszeit und Arbeitskraft, besteht daneben ein Dienstvertrag. In der Regel wird hier eine schriftliche Vereinbarung getroffen. Fehlt ein schriftlicher Vertrag, richtet sich die statusrechtliche Beurteilung allein nach der der Satzung.
Typischerweise besteht eine umfassende Weisungsbindung der Vorstandsmitglieder, sowohl gegenüber der Mitgliederversammlung als auch gegenüber dem Beschlussorgan Vorstand. Das gilt gerade dann, wenn die Satzung keine besonderen Regelungen trifft, weil dass die gesetzlichen Vorgaben gelten. Das bedeutet:
Das LSG stellt dabei klar, dass es nicht darauf ankommt, ob der Vorstand faktisch maßgeblichen Einfluss auf die Beschlüsse der Delegiertenversammlung hatte. Ein solches rein faktisches, nicht rechtlich gebundenes und daher jederzeit änderbares Verhalten ist nicht maßgeblich. Aus der nur faktischen Nichtwahrnehmung eines Weisungs-, Aufsichts- oder Überwachungsrechts darf deswegen nicht auf einen rechtswirksamen Verzicht auf dieses Recht geschlossen werden. Auch wenn die Satzung das nicht eigens regelt, ergibt sich das aus der gesetzlichen Konzeption des Vereins. Nach § 27 Abs. 3 BGB finden auf die Geschäftsführung des Vorstands die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670 BGB entsprechende Anwendung. Daraus ergibt sich u.a., dass der Beauftragte nur unter bestimmten Umständen von den Weisungen des Auftraggebers (Mitgliederversammlung) abweichen darf. Die Vorstandsmitglieder im Mehrpersonenvorstand müssen darüber hinaus die Beschlüsse des Vorstands beachten. Denn die Organbefugnisse stehen dem Vorstand als Vereinsorgan selbst und nicht den einzelnen Organmitgliedern persönlich zu. Einzelne Mitglieder können dabei jederzeit überstimmt werden. Neben der Weisungsbindung ist die Eingliederung in die Organisation des Auftragsgebers ein wesentliches Kriterium für eine abhängige Beschäftigung. Aus Sicht des LSG sprechen folgenden Kriterien für eine Eingliederung:
Ohne Einfluss auf die Statusbeurteilung – so das LSG – bleibt auch, dass ein Vorstandsmitglied sich einer Hilfskraft (Bürokraft) für die Bewältigung seiner Aufgaben bediente. Eine Delegationsbefugnis hat nur dann Bedeutung, wenn sie prägend für eine selbständige Tätigkeit ist. Dazu müsste aber die Vorstandarbeit selbst auf andere Personen übertragen werden können und nicht nur Teiltätigkeiten. Aufwandsentschädigung Das Auftragsrecht sieht in § 670 BGB nur einen Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen vor. Aufwendungen in diesem Sinn sind alle Vermögensopfer mit Ausnahme der eigenen Arbeitszeit und Arbeitskraft, wie z.B. Reisekosten, Post- und Telefonspesen, zusätzliche Beherbergungs- und Verpflegungskosten etc. Pauschalen, die nicht tatsächlich entstandenen Aufwand abdecken, gehören dazu ebenso wenig wie Zahlungen dafür, dass der Beauftragte durch die Übernahme seines Amtes zeitweise verhindert ist, seine Arbeitskraft im eigenen Beruf oder Unternehmen einzusetzen. Werden über diesen bloßen Aufwandsersatz hinaus Zahlungen für die Vorstandsarbeit geleistet, handelt es sich um Vergütungen für Arbeitszeit und Arbeitskraft. Ein pauschaler Aufwandsersatz (ohne Einzelnachweise) läge nur vor, wenn den Zahlungen annähernd gleich hohe Aufwendungen gegenüberstehen.
Die detaillierten Ausführungen des LSG zeigen, dass die Vorstandstätigkeit nur in seltenen Ausnahmefällen selbstständig ausgeübt werden kann. Dazu müssten Satzung und Dienstvertrag die Weisungs- und Kontrollbefugnisse der Mitgliederversammlung und der anderen Vorstandsmitglieder auf völlig unübliche Weise einschränken. |
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