Am 15. Oktober wurde
das "Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen
Engagements" im Bundesanzeiger veröffentlicht. Die enthaltenen
Gesetzesänderungen sind damit ab sofort und in fast allen Fällen
rückwirkend zum 1. Januar wirksam.
Digitale
Ausgabe des Gesetzes (bundesgesetzblatt.de, als PDF-Datei)
Die Neuregelungen
in der Übersicht
Im Einzelnen ändern
sich folgende Regelungen:
- Das Gemeinnützigkeits-
und das Spendenrecht werden vereinheitlicht. Das bleibt aber ohne
nennenswerte Folgen für die Praxis.
- Die gemeinnützigen
Zwecke werden in einem abgeschlossenen Katalog zusammengefasst.
Die Landesfinanzbehörden können aber im Einzelfall über
eine Erweiterung der Zwecke entscheiden.
- Die Förderung
des bürgerschaftlichen Engagements wird als eigener gemeinnütziger
Zweck gesetzlich verankert. In der Praxis war dieser Zweck aber schon
bisher als gemeinnützig anerkannt.
- Gemeinnützige
Organisationen dürfen künftig Arbeitskräfte und Räume
auch an Körperschaft des öffentlichen Rechts überlassen.
Bisher war das nur an andere steuerbegünstigte Körperschaften
möglich.
- Künftig
muss in der Satzung ein Anfallsberechtiger oder ein konkreter Zweck
genannt werden. Die Regelung, nach der dies im Ausnahmefall offen
gehalten werden kann, entfällt.
- Die Umsatzfreigrenze
für steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe wird
von 30.678 Euro auf 35.000 Euro erhöht. Das Gleiche gilt
für die Zweckbetriebsgrenze bei sportlichen Veranstaltungen.
- Die Obergrenze
für die Umsatzsteuerpauschalierung steigt von 30.678 auf
35.000 Euro.
- Der Übungsleiterfreibetrag
(§ 3 Nummer 26 EStG) wird von 1.848 Euro auf 2.100 Euro
erhöht.
- Neu eingeführt
wird eine steuerfreie Pauschale in Höhe von 500 Euro für
ehrenamtliche Tätigkeiten im Auftrag von gemeinnützigen
Körperschaften oder juristischen Person des öffentlichen
Rechts.
- Der Spendenabzug
wird einheitlich auf 20% der Jahreseinkünfte erhöht
bzw. alternativ bei Unternehmen vier Promille der Summe der gesamten
Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und
Gehälter.
- Zuwendungen in
den Vermögensstock einer Stiftung sind künftig bis 1 Million
Euro abziehbar (bisher 307.000 Euro). Zugleich entfällt die Beschränkung
auf neu gegründete Stiftungen.
- Die bisherige
Großspendenregelung entfällt. Künftig können
alle Spenden, die die 20%-Grenze überschreiten, in den Folgejahren
bis zur Höchstabzugsgrenze abgezogen werden.
- Die Obergrenze
für den vereinfachten Zuwendungsnachweis (Überweisungsbeleg)
steigt auf 200 Euro (bisher 100 Euro).
- Mitgliedsbeiträge
bei Kulturfördervereinen sind künftig auch abzugfähig,
wenn die kulturellen Betätigungen des geförderten Vereins
in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen.
- Die Spendenhaftung
wird auf 30% des Spendenbetrages (bisher 40%) gesenkt.
Vereinheitlichung
von Spenden- und Gemeinnützigkeitsrecht
Neu ist die Zusammenfassung
von Spenden- und Gemeinnützigkeitsrecht. Die Abgabenordnung (AO)
enthielt bisher nur eine beispielhafte Aufzählung der gemeinnützigen
Zwecke. Diese wird nun mit der Liste der spendenabzugsfähigen Zwecke
in Anlage 1 zu § 48 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung
(EStDV) zusammengefasst. Die Anlage 1 wird aufgehoben.
Nach § 52,
Absatz 2 AO sind jetzt folgende Zwecke gemeinnützig. Die Aufzählung
ist abschließend.
1. die Förderung
von Wissenschaft und Forschung;
2. die Förderung der Religion;
3. die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der
öffentlichen Gesundheitspflege, insbesondere die Verhütung
und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten, auch durch Krankenhäuser
im Sinne des § 67, und von Tierseuchen;
4. die Förderung der Jugend- und Altenhilfe;
5. die Förderung von Kunst und Kultur;
6. die Förderung des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege;
7. die Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich
der Studentenhilfe;
8. die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege im
Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes und der Naturschutzgesetze der Länder,
des Umweltschutzes, des Küstenschutzes und des Hochwasserschutzes;
9. die Förderung des Wohlfahrtswesens, insbesondere der Zwecke
der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege (§
23 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung), ihrer Unterverbände
und ihrer angeschlossenen Einrichtungen und Anstalten;
10. die Förderung der Hilfe für politisch, rassisch oder religiös
Verfolgte, für Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler, Spätaussiedler,
Kriegsopfer, Kriegshinterbliebene, Kriegsbeschädigte und Kriegsgefangene,
Zivilbeschädigte und Behinderte sowie Hilfe für Opfer von
Straftaten; Förderung des Andenkens an Verfolgte, Kriegs- und Katastrophenopfer;
Förderung des Suchdienstes für Vermisste;
11. die Förderung der Rettung aus Lebensgefahr;
12. die Förderung des Feuer-, Arbeits-, Katastrophen- und Zivilschutzes
sowie der Unfallverhütung;
13. die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen
Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens;
14. die Förderung des Tierschutzes;
15. die Förderung der Entwicklungszusammenarbeit;
16. die Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz;
17. die Förderung der Fürsorge für Strafgefangene und
ehemalige Strafgefangene;
18. die Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern;
19. die Förderung des Schutzes von Ehe und Familie;
20. die Förderung der Kriminalprävention;
21. die Förderung des Sports (Schach gilt als Sport);
22. die Förderung der Heimatpflege und Heimatkunde;
23. die Förderung der Tierzucht, der Pflanzenzucht, der Kleingärtnerei,
des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals, der
Fastnacht und des Faschings, der Soldaten- und Reservistenbetreuung,
des Amateurfunkens, des Modellflugs und des Hundesports;
24. die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens im
Geltungsbereich dieses Gesetzes; hierzu gehören nicht Bestrebungen,
die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art verfolgen
oder die auf den kommunalpolitischen Bereich beschränkt sind;
25. die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements zugunsten
gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke.
Für die Praxis
ändert sich damit kaum etwas, weil die genannten Zwecke schon bisher
als gemeinnützig anerkannt wurden. Die Satzungszwecke müssen
mit den genannten Einzelfällen nicht wörtlich übereinstimmen,
aber weitgehend identisch sein. Auch Zwecke, die hier nicht aufgelistet
sind, können in Sonderfällen als gemeinnützig anerkannt
werden. Dafür bestimmen die Landesfinanzministerium eine zuständige
Stelle. Eine solche Erweiterung des Katalogs wird aber die Ausnahme
sein. Der Entscheidungsspielraum der Finanzämter wird damit eingeschränkt.
Andererseits gibt es aber bei der Neubeantragung der Gemeinnützigkeit
eine höhere Rechtsverbindlichkeit. Bei der Satzungsgestaltung wird
sich künftig empfehlen, sich eindeutig auf einen (oder mehrere)
der genannten Zwecke zu beziehen.
Für den Spendenabzug
gilt diese Aufzählung ebenfalls als verbindlich. § 10b des
Einkommensteuergesetzes verweist jetzt auf diese Regelung und definiert
die Spendenzwecke nicht mehr in einer eigenen Auflistung.
Das neue Spendenrecht
Die gravierendste
steuerliche Änderung für gemeinnützige Organisationen
erfolgt beim Spendenrecht.
Durch die Vereinheitlichung von Spenden- und Gemeinnützigkeitsrecht
berechtigen künftig alle gemeinnützigen Zwecke zum Spendenabzug.
Zugleich wird der Spendenabzug einheitlich auf 20% erhöht. Spenden
können also bis zu einer Höhe von 20% der Einkünfte noch
im gleichen Jahr steuerlich als Sonderausgaben abgezogen werden. Die
Unterscheidung nach Spendenzwecken mit unterschiedlichen Höchstabzugssätzen
(bisher 5 und 10%) entfällt.
Überschreitet
eine Spende den Höchstabzugsbetrag, kann sie im Rahmen des 20%-Satzes
in den Folgejahren abgezogen werden. Die bisherige Großspendenregelung
entfällt. Der Spendenvortrag gilt für alle Spendenzwecke und
ist nicht mehr auf eine bestimmte Zahl von Jahren begrenzt. Der nach
der bisherigen Großspendenregelung mögliche Rücktrag
auf das Jahr vor der Spendenzahlung entfällt dagegen.
Die Obergrenze für
den vereinfachten Spendennachweis wird auf 200 Euro (bisher 100)
angehoben.
Weiterhin nicht
abzugsfähig bleiben die Mitgliedsbeiträge bei bestimmten
Satzungszwecken. Das sind:
- die Förderung
des Sports;
- kulturelle Betätigungen,
die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen;
- die Förderung
der Heimatpflege und Heimatkunde;
- die Förderung
der nach § 52 Abs. 2 Nr. 23 der Abgabenordnung gemeinnützigen
Zwecke. Das sind: die Förderung der Tierzucht, der Pflanzenzucht,
der Kleingärtnerei, des traditionellen Brauchtums einschließlich
des Karnevals, der Fastnacht und des Faschings, der Soldaten- und
Reservistenbetreuung, des Amateurfunkens, des Modellflugs und des
Hundesports.
Bei kulturellen
Betätigungen, "die in erster Linie der Freizeitgestaltung
dienen", gilt das Abzugsverbot künftig aber nicht mehr für
Fördervereine solcher Einrichtungen.
Der neue Ehrenamtsfreibetrag
Neu eingeführt
wurde mit der Gesetzesreform ein Freibetrag für Einnahmen aus Tätigkeiten
für gemeinnützige und öffentlich-rechtliche Einrichtungen
(§ 3 Nr. 26a Einkommensteuergesetz). Es handelt sich hier um einen
Freibetrag - nicht, wie zunächst geplant, um einen Steuerabzugsbetrag.
Bis 500 Euro pro Jahr im Dienst einer solchen Einrichtung sind
jetzt steuerfrei.
Der Freibetrag kann
ganz ähnlich wie der Übungsleiterfreibetrag (§ 3 Nr.
26 Einkommensteuergesetz) genutzt werden, ist aber nicht wie dieser
auf bestimmte Tätigkeiten beschränkt. D. h. Vorstandsmitglieder
können hier für ihre Tätigkeit ebenso steuerfrei bezahlt
werden, wie z. B. Gerätewarte, Reinigungskräfte oder Verwaltungsmitarbeiter.
Hier gilt aber:
- Die Tätigkeit
muss nebenberuflich erfolgen. D. h. sie darf nicht gleichzeitig
im Hauptberuf ausgeübt werden bzw. nicht mehr als ein Drittel
der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs betragen.
- Mehrere gleichartige
Tätigkeiten werden addiert.
- Die Tätigkeit
darf nicht im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb
erfolgen.
- Eine Kombination
mit dem Übungsleiterfreibetrag und der Steuerbefreiung nach §
3 Nr. 12 Einkommensteuergesetz ist nicht möglich.
Wichtig:
Es handelt sich hier um eine steuerfreie Vergütung für Arbeitsleistungen.
Unentgeltliche Zuwendungen (Geldgeschenke) sind wegen des Mittelbindungsgrundsatzes
nicht erlaubt.
Die Beitragsfreiheit
bei der Sozialversicherung ist noch nicht gesetzlich geregelt. Die
entsprechende Änderung des § 14 SGB IV ist noch in der Entwurfsphase.
Sonstige Änderungen
Überlassung
von Räumen und Arbeitskräften
Nach § 58 Nr. 3 Abgabenordnung (AO) ist es unschädlich für
die Gemeinnützigkeit, wenn sie ihre Arbeitskräfte anderen
Personen, Unternehmen oder Einrichtungen für steuerbegünstigte
Zwecke zur Verfügung stellen. Künftig gilt das auch für
die Überlassung an Körperschaften des öffentlichen Rechts.
Gemeinnützige Organisationen können also ihre Arbeitskräfte
ohne Schaden für die Gemeinnützigkeit auch Gemeinden, Städten
oder deren Betrieben unentgeltlich oder "unter Wert" zur Verfügung
stellen dürfen - allerdings nur für die Erfüllung steuerbegünstigter
Zwecke.
Das Gleiche gilt künftig für die Überlassung von Räumen
(§ 58 Nr. 4 AO).
Satzungsregelungen
zum Vermögensanfall
Das Vermögen einer gemeinnützigen Körperschaft bleibt
bei ihrer Auflösung oder bei Wegfall der Steuerbegünstigung
für steuerbegünstigte Zwecke gebunden. In der Satzung muss
das so genau bestimmt ist, dass auf Grund der Satzung geprüft werden
kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist.
In der Satzungsregelung zu diesem sogenannten Vermögensanfall muss
ein Verein deswegen entweder
- eine Körperschaft
des öffentlichen Rechts oder eine andere steuerbegünstigte
Körperschaft, die das Vermögen erhalten soll, konkret benennen
- oder einen bestimmten
steuerbegünstigten Zweck angeben, für den das Vermögen
verwendet werden soll.
Bisher gab es dazu
nach § 61 Absatz 2 AO eine Ausnahme. Danach reichte für die
Vermögensbindung eine Bestimmung in der Satzung aus, dass das Vermögen
für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden muss und der
zukünftige Beschluss über die Vermögensverwendung die
Einwilligung des Finanzamts braucht. Das war aber nur zulässig,
wenn aus zwingenden Gründen der künftige Verwendungszweck
noch nicht angegeben werden kann.
Diese Regelung wird gestrichen. Für die Praxis war sie aber ohnehin
nicht sehr bedeutsam, weil die Finanzämter sie nur in Ausnahmefällen
akzeptierten. Häufig wurden eingereichte Satzungen aber moniert,
weil die Vereinsgründer nicht wussten, dass es sich hier um eine
dezidierte Ausnahmevorschrift handelt.
Vereine, die diese
Sonderregelung in der Satzung haben, müssen nicht zeitnah eine
Satzungsänderung vornehmen. Angekündigt ist eine allgemeine
Verwaltungsanweisung, dass die Bestimmung über die Vermögensbindung
erst dann angepasst werden muss, wenn die Satzung aus anderen Gründen
ohnehin geändert wird.
Unser Online-Handbuch
ist bereits aktualisiert. Die Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht
sind eingearbeitet.
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