Vereinsknowhow
- Kurzinfo:
Entzug der Rechtsfähigkeit wegen wirtschaftlicher Hauptbetätigung - Was tun? |
Stand: 22.11.2012 Die neuere Rechtsprechung hat zumindest in Berlin zu einer geänderten Praxis des Registergerichts geführt. Bestehende Vereine mit wirtschaftlicher Kerntätigkeit werden teilweise zum Rechtsformwechsel oder zur Ausgründung ihrer (Zweck-)Betriebe aufgefordert. Andernfalls droht der Entzug der Rechtsfähigkeit, d. h. die Löschung aus dem Vereinsregister. Das betrifft besonders Kultureinrichtungen, Schul- und Kita-Trägervereine sowie Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen. Dass das Registergericht
neu einzutragende Vereine streng auf eine eventuelle wirtschaftliche
Betätigung prüft, ist gang und gäbe. Im übrigen
kam es meist nur auf Hinweise von Konkurrenten zu einer Überprüfung
von Vereinen durch das Gericht. Mittlerweile kommt es aber vermehrt
vor, dass im Zuge von Satzungsänderungen kritisch nachgeprüft
wird, ob der Verein nicht im Wesentlichen wirtschaftliche Zwecke verfolgt. Wirtschaftsverein
und Idealverein Der Wirtschaftsverein,
der nach § 22 BGB die Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung
erhält (zuständig sind die Bundesländer), ist eine Ausnahme,
die praktisch nur noch auf Forstbetriebsgemeinschaften angewendet wird.
Sonst werden Vereine, die auf diese Weise die Rechtsfähigkeit erhalten
wollen, auf Rechtsformen verwiesen, die für Handelsgesellschaften
üblich sind. Was ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb? Nach § 21
und 22 BGB ist für einen Wirtschaftsverein das Vorhandensein eines
wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs charakteristisch. Darunter ist
das planmäßige und auf Dauer angelegte Auftreten des Vereins
am Markt in unternehmerischer Funktion durch Einschaltung in wirtschaftliche
Umsatzprozesse mit einer regelmäßig entgeltlichen Tätigkeit
zu verstehen (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 6.08.1985,
Az: BReg 2 Z 116/84). Dass der Verein gemeinnützige Zwecke verfolgt, schließt nicht aus, dass es sich um einen Wirtschaftsverein handelt. Wirtschaftliche Hauptzwecke sind ja durchaus mit der Gemeinnützigkeit vereinbar, wenn sie im Rahmen steuerbegünstigter Zweckbetriebe verfolgt werden. Grundsätzlich ebenfalls ohne Belang ist, ob die wirtschaftliche Betätigung mit den ideellen Satzungszwecken zu tun tat. Auf wenn die Leistungen
eines Vereins ganz oder wesentlich aus öffentlichen Mitteln finanziert
werden, kann ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegen. So
hat das KG Berlin (Beschluss vom 18.01.2011, 25 W 14/10), die Tätigkeiten
einer Kindertagesstätte als entgeltliche unternehmerische Betätigung
bewertet. Auf eine Gewinnerzielungsabsicht des Vereins komme es dabei
nicht an. Es spiele auch keine Rolle, ob die Einnahmen aus öffentlicher
Förderung oder Entgelten der Eltern stammen. Die Frage nach der wirtschaftlichen Betätigung eines Idealvereins stellt sich nicht nur bei der Ersteintragung. Nach § 43 Absatz 2 BGB kann einem Idealverein die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er einen wirtschaftlichen Zweck verfolgt. In der Praxis erfolgt ein solches Amtslöschungsverfahren meist, wenn ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, der zunächst durch das Nebenzweckprivileg gedeckt war, zur Haupttätigkeit des Vereins wird. Da die Registergerichte nicht von sich aus die Tätigkeit der Vereine überprüfen, kommt die Anregung zur Löschung meist von entsprechenden privaten Antragstellern - etwa konkurrierenden Anbietern. Häufig schalten sich die Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern ein, wenn dort entsprechende Meldungen eingehen.
Die Rechtsprechung
hat die restriktive und praxisferne Regelung des § 21 BGB um das
sogenannte Nebenzweckprivileg ergänzt. Ein Verein gilt danach auch
dann als nichtwirtschaftlich, wenn er zur Erreichung seiner idealen
Ziele unternehmerische Tätigkeiten entfaltet, sofern diese dem
nichtwirtschaftlichen Hauptzweck zu- und untergeordnet und Hilfsmittel
zu dessen Erreichung sind (Bundesgerichtshof/BGH, Urteil vom 29.09.1982,
I ZR 88/80).
Die Rechtsprechung hat in Hinsicht auf den erlaubten Umfang wirtschaftlicher Betätigung keine objektiven Größenkriterien festgelegt - weder absolut noch etwa auf das Verhältnis der Einnahmen bezogen. Der BGH vertritt die Auffassung, dass selbst eine umfangreiche gewerbliche Betätigung eines Idealvereins noch unter das Nebenzweckprivileg fallen könne (Urteil vom 4.06.1986, I ZR 29/85).
Zunächst muss klargestellt werden, dass der Entzug der Rechtsfähigkeit nicht die Auflösung des Vereins bedeutet. Wenn die Satzung das nicht anders regelt, besteht der Verein als nicht eingetragener (nichtrechtsfähiger) Verein fort. Er kann als solcher auch weiter gemeinnützig sein. Kritisch ist beim nichtrechtsfähigen Verein vor allem die Haftungssituation. Anders als beim e.V., dessen Vorstand durch die Organhaftung vor den typischen wirtschaftlichen Risiken der Vereinstätigkeit geschützt ist, gilt beim nicht eingetragenen Verein die sog. Vertreterhaftung. Der Vorstand, der für den Verein schuldrechtliche Verpflichtungen (z.B. Kauf-, Miet- oder Arbeitsverträge) eingeht, kann privat in Haftung genommen werden, wenn der Verein die vertraglichen Leistungen nicht erfüllt. Bringt die Vereinstätigkeit also nennenswerte vertragliche Haftungsrisiken mit sich, wird zu empfehlen sein, den Verein rechtlich neu zu organisieren. In Frage kommt dabei:
Die Umwandlung des Vereins in eine GmbH wird in der Regel nur in Frage kommen, wenn die Zahl der Mitglieder überschaubar ist und der Verein nicht als klassische Mitgliedsorganisation (mit einem umstandslosen Ein- und Austritt der Mitglieder) funktioniert. Da bei der GmbH die Beteiligten (Gesellschafter) im Handelsregister eingetragen werden, sind große Mitgliederzahlen und ein schneller Wechsel der Mitglieder nicht praktikabel. Zudem muss die GmbH das Mindeststammkapital (25.000 €) nachweisen. Das wird bei größeren Wirtschaftsbetrieben aber meist nicht das Problem sein. Der große Vorteil eine Umwandlung ist, dass alle Verträge im Zuge einer Gesamtrechtsnachfolge auf die GmbH übergehen.
Lagert der Verein seine gesamten Tätigkeiten in die GmbH aus, kann er nur gemeinnützig bleiben, wenn er gemeinnützigkeitsrechtlich als Förderverein weiterbesteht. Es fehlt nämlich die unmittelbare Erfüllung der Satzungszwecke. Dazu ist in der Regel eine Satzungsänderung erforderlich. Weil es sich dabei um eine Änderung des Satzungszwecks handelt, müssen dazu nach BGB - also wenn die Satzung das nicht anders regelt - alle (!) Mitglieder zustimmen. Der Förderverein kann dann Mittel für die gemeinnützige GmbH sammeln (über Mitgliedsbeiträge und Spenden) und bietet weiterhin eine mitgliedschaftliche Struktur, die bei der GmbH nicht möglich ist. Um den Einfluss der Mitgliederversammlung auf die GmbH zu sichern, können die GmbH-Organe um einen Beirat ergänzt werden, der direkt von der Mitgliederversammlung gewählt wird.
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