von Ludger Holland,
Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Köln
Lange Jahre waren
die meisten kleineren und mittelgroßen gemeinnützigen Körperschaften
vor einer Betriebsprüfung (Außenprüfung) des Finanzamts
weitgehend "sicher". In den letzten Jahren hat sich diese
Tendenz aber grundlegend geändert, denn, bei Lichte betrachtet,
ergeben sich gerade für steuerbegünstigte Organisationen viele
steuerliche Problembereiche: Zunächst geht es um die Frage, ob
die Körperschaft tatsächlich unmittelbar die in der Satzung
festgelegten gemeinnützigen Zwecke fortlaufend verwirklicht und
dabei das Gebot der Selbstlosigkeit beachtet hat. Darüber hinaus
soll festgestellt werden, ob Sachverhalte verwirklicht wurden, die die
Gemeinnützigkeit zwar nicht unmittelbar gefährden, aber dennoch
steuerliche Konsequenzen haben, z.B. umsatzsteuerliche Fragestellungen.
Verfahrensrechtlich
gibt es keine Sonderregelungen für die Betriebsprüfung bei
gemeinnützigen Unternehmen. Es werden dieselben Grundsätze
angewandt, wie bei steuerpflichtigen Körperschaften. Dies bedeutet
insbesondere, dass grundsätzlich das Veranlagungsfinanzamt (Finanzamt,
in dem die Körperschaft ihren Sitz hat) zuständig ist. Verfügt
die gemeinnützige Körperschaft über Einnahmen von mehr
als 6 Mio. € (einschließlich Mitgliedsbeiträgen, Spenden,
Zuschüssen und Einnahmen der Zweckbetriebe) gilt sie als Großbetrieb.
Dann wechselt die Zuständigkeit zum Finanzamt für Groß-
und Konzernbetriebsprüfung und es wird in der Regel eine Anschlussprüfung
durchgeführt, das heißt es bleibt kein Veranlagungszeitraum
ungeprüft.
Ablauf einer
Betriebsprüfung
Art und Umfang der Außenprüfung einer gemeinnützigen
Körperschaft bestimmt die Finanzbehörde (der Prüfer)
selbst. In der Regel wird der Prüfer zu Beginn eine Einschätzung
der Dauer seiner Prüfung abgeben. Der Verlauf und die Dauer der
Prüfung werden aber regelmäßig auch durch die Mitwirkungsbereitschaft
der gemeinnützigen Körperschaften beeinflusst.
Zum Abschluss einer Außenprüfung ist eine Schlussbesprechung
abzuhalten, in der die wesentlichen Erkenntnisse und die Prüfungsfeststellungen
diskutiert und die Auswirkungen eingeschätzt werden können.
Selbstverständlich hat die gemeinnützige Körperschaft
im Verlaufe der Prüfung jederzeit die Möglichkeit, im Rahmen
eines Prüfungsgesprächs ihre Rechtsauffassung zu bestimmten
Fragestellungen darzutun. Nur, wenn die Körperschaft ausdrücklich
auf die Durchführung der abschließenden Besprechung verzichtet
oder die Prüfung zu keinen Änderungen in den Besteuerungsgrundlagen
führt, kann die Außenprüfung ohne eine Schlussbesprechung
beendet werden.
Typische
Prüfungsfelder bei gemeinnützigen Unternehmen
Sphärenzuordnung
Der Prüfer wird regelmäßig die Zuordnung der einzelnen
Tätigkeiten der Körperschaft zu den vier Sphären ideeller
Bereich, Vermögensverwaltung, Zweckbetrieb und steuerpflichtiger
wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb prüfen. Insbesondere bei
der Differenzierung zwischen Zweckbetrieb und steuerpflichtigem wirtschaftlichem
Geschäftsbetrieb ergeben sich in der Praxis oft Abgrenzungsschwierigkeiten,
wie z.B.:
- Zuordnung eines
Cafébetriebes zu einer Sozialstation/Behindertenpflegeeinrichtung,
wenn sich das Angebot gezielt an Senioren oder behinderte Menschen
richtet.
- Angebot von
Computer- und Internetworkshops, wenn diese im Zusammenhang mit Gesundheitsberatung
oder für Selbsthilfegruppen angeboten werden.
- Beköstigung
von Teilnehmern und Betreuern im Rahmen von satzungsmäßigen
Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen.
In allen Fällen
wird die gemeinnützige Körperschaft bestrebt sein, den unmittelbaren
Zusammenhang der Maßnahmen mit den Satzungszwecken bzw. die Ausrichtung
auf die Zielgruppe der satzungsmäßig begünstigten Personengruppe
darzutun. Hierzu ist es erforderlich, dem Prüfer z.B. in Form von
Prospekten über die Maßnahmen, schriftliche Dokumentationen
der Tätigkeiten und/oder Beschreibung auf Internetseiten diesen
Zusammenhang nachzuweisen.
Angemessenheit
von Ausgaben
Ferner wird der Prüfer Zahlungen an Personen, die entscheidenden
Einfluss auf die gemeinnützige Körperschaft nehmen können
(Geschäftsführer/Gremienmitglied) auf ihre Angemessenheit
überprüfen. Wichtig ist, die Ordnungsmäßigkeit
der Zahlungen durch schriftliche Leistungsvereinbarungen zu fremdüblichen
Konditionen, Gremienbeschlüsse oder Satzungsbestimmungen zu belegen.
Vorsicht also bei pauschalen "Auslagenerstattungen" oder "Sitzungsgeldern"!
Wird hier eine Mittelfehlverwendung festgestellt, kann im Extremfall
der Verlust der Gemeinnützigkeit drohen.
Mittelverwendung
und Rücklagenbildung
Bei der Prüfung der zeitnahen Mittelverwendung ist wichtig, entsprechende
Vorstandsprotokolle über Rücklagendotierungen oder -verwendungen
vorlegen zu können. Teilweise wird in der Verwaltung die Auffassung
vertreten, dass die Rücklagenbildung auch im Jahresabschluss abgebildet
sein muss. Diese Auffassung entbehrt aber jeder gesetzlichen Grundlage.
Gängige Praxis ist daher - nach wie vor - die Führung der
Mittelverwendungsrechnung in einer Nebenrechnung. Oft wird auch geprüft,
ob freie Rücklagen unter den jeweiligen Voraussetzungen gebildet
werden durften. Insbesondere bei der Bildung einer freien Rücklage
gemäß § 58 Nr. 7 AO muss die Körperschaft die Berechnung
der höchstmöglichen freien Rücklage in Höhe von
10 % der erzielten Überschüsse aus den einzelnen Sphären
nachweisen können.
Spenden
Spenden für mildtätige Zwecke unterliegen einer weitergefassten
Abzugsfähigkeit (§ 10b Abs. 1 Satz 2 EStG). Haben Sie mildtätige
Zwecke als Begründung für die Steuerbegünstigung auf
Ihren Zuwendungsbestätigungen angegeben, wird der Prüfer dies
mit dem Freistellungsbescheid Ihrer Körperschaft vergleichen. Werden
hier "nur" gemeinnützige Zwecke bestätigt, kann
ein Fall von Spendenhaftung für die gesetzlichen Vertreter vorliegen!
Weiterhin wird oft überprüft, ob die Körperschaft jeweils
ein Doppel jeder einzelnen Zuwendungsbestätigung als Beleg zur
Buchführung aufbewahrt hat, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist.
Bei Sachspenden müssen Sie nachweisen, dass die Wertangabe des
Spenders eingehend anhand von objektiven Unterlagen überprüft
wurde, die dem Doppel der Zuwendungsbestätigung hinzuzufügen
sind. Weiterhin wird die Verwendung von zweckgebundenen Spenden geprüft.
Hier ist eine detaillierte Aufzeichnung der Verwendung erforderlich;
in der Regel empfiehlt es sich in der Praxis, für bestimmte Zwecke
eigene Bankkonten einzurichten, um die Dokumentation hier zu erleichtern.
Wirtschaftliche
Geschäftsbetriebe
Bei der Ermittlung der Gewinne steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe
wird der Prüfer eingehend die Kostenstellenrechnung der gemeinnützigen
Körperschaft überprüfen. Aus diesem Grund ist es unbedingt
erforderlich, speziell für diese Bereiche eine detailliert ausgestellte
Kostenstellenrechnung zu führen, die auch Angaben über pauschal
zugeordnete Gemeinkostenanteile nach betriebswirtschaftlichen Grundlagen
enthalten sollte. Aufwendungen, die sowohl durch ideelle Tätigkeiten
als auch durch teilweise Unterhaltung des Geschäftsbetriebs verursacht
sind, müssen nach nachvollziehbaren Grundsätzen aufgeteilt
werden.
Umsatzsteuer
Ein besonders beliebtes Thema sind umsatzsteuerliche Sachverhalte. Zunächst
entscheidet die korrekte Zuordnung der einzelnen Tätigkeiten zum
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder Zweckbetrieb in der Regel
über die Verwendung des vollen oder ermäßigten Steuersatzes.
Da oft ein Großteil der Umsätze in gemeinnützigen Organisationen
steuerfrei ist, werden die zum Teil hieran geknüpften Voraussetzungen
sehr detailliert überprüft. Dies sind insbesondere:
- die so genannten
40 %-Grenzen bei Umsatzsteuerbefreiungen für Krankenhäuser,
Altenheime und Pflegeeinrichtungen (§ 4 Nr. 16 UStG)
- das Vorliegen
besonderer Ausstattungen von Krankentransportfahrzeugen gemäß
(§ 4 Nr. 17b UStG) oder
- der Entgeltvergleich
mit privaten Organisationen, die gleiche Leistungen anbieten (§
4 Nr. 18c UStG)
Obwohl die Voraussetzungen
der so genannten 40 %-Grenzen (§ 4 Nr. 16 UStG) in der Praxis in
der Regel vorliegen werden, bietet die Dokumentation häufig erhebliche
Probleme, z.B. wenn bestimmte Daten über die Patienten nicht oder
nur mit erheblichen Aufwand verfügbar gemacht werden können.
Die Anzahl der Fälle, deren Kosten ganz oder überwiegend von
den gesetzlichen Sozialhilfeträgern übernommen werden (§
4 Nr. 16e UStG) kann oft nur durch Hilfsüberlegungen ermittelt
werden. Hier muss alles daran gesetzt werden, dem Prüfer anhand
von Beispielsfällen (bestimmte Zeiträume, bestimmte Personengruppen)
die Plausibilität des Vorliegens der Voraussetzungen zu verdeutlichen.
Wenn diese Angaben glaubhaft und plausibel sind, kann ggf. auf weitere
Prüfungshandlungen verzichtet werden.
Schwierigkeiten bei einer Betriebsprüfung ergeben sich oft bei
Fallgestaltungen, die lediglich aufgrund der "Auffangvorschrift"
des § 4 Nr. 18 UStG als umsatzsteuerbefreit behandelt worden sind.
Ein Nachweis, dass private Unternehmen dieselbe Leistung nicht oder
nur zu einem höheren Preis erbringen, kann oft nicht erbracht werden.
Hier kommt es wiederum darauf an, durch geeignete Nachweise glaubhaft
zu machen, dass die Leistung der gemeinnützigen Körperschaft
- trotz oft gleicher Preise - in ihrem Umfang über die vergleichbaren
Leistungen privater Unternehmen hinausgeht. Auf diese Weise kann nicht
selten eine Einigung dahin gehend erzielt werden, dass durch das "Mehr"-Angebot
der gemeinnützigen Körperschaft faktisch ein Preisgefälle
zu gewerblichen Anbietern besteht (nach Auffassung der Finanzverwaltung
muss über das Vorliegen der Voraussetzungen für ein verbilligtes
Angebot gegenüber gewerblichen Anbietern im Einzelfall entschieden
werden).
Zum Schluss:
Auch wenn Ihre Organisation bisher noch nicht von der Finanzverwaltung
geprüft wurde, sollten Sie sich auf diese Möglichkeit vorbereiten.
Insbesondere die Dokumentation über Spenden und die Kostenstellenrechnung
sollten regelmäßig auf Ordnungsmäßigkeit und Plausibilität
geprüft werden. Auch empfiehlt es sich, die einzelnen Umsatzarten,
soweit sie als steuerfrei behandelt wurden, gezielt auf "diskussionsanfällige"
Befreiungstatbestände zu überprüfen und für diese
Fälle eine systematische und sachgemäße Argumentationsstrategie
vorzubereiten. Zur digitalen Betriebsprüfung beachten Sie auch
unseren Leitartikel. Gerne bieten wir Ihnen auch unseren "Betriebsprüfungs-Check"
an, wobei wir uns (wie der Betriebsprüfer auch) prüfungsanfällige
Bereiche in Ihrem Unternehmen ansehen, um so kritische Sachverhalte
zu identifizieren und bestehende Risiken im Vorfeld zu beseitigen.
Dipl.-Kfm. Ludger
Holland, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Köln
Kanzlei Laufenberg
Dr. Michels, Robert-Perthel-Str. 77a, 50739 Köln (Longerich)
Telefon 02 21 / 95 74 94 - 0
www.laufmich.de
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