Vereinsknowhow - Kurzinfo:
Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung

Stand: 8.02.2012

Das Bundesfinanzministerium (BMF) recht umfangreiche Änderungen beim Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) vorgenommen. Hier die wichtigsten Neuerungen in der Übersicht.


1. Umfang wirtschaftlicher Betätigung - neue Auffassung der Finanzverwaltung

Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die keine Zweckebetriebe sind, darf eine gemeinnützige Einrichtung nur in begrenztem Umfang betreiben. Andernfalls gefährdet das die Gemeinnützigkeit. Die Finanzverwaltung hat nun mit der Änderung des AEAO ihre bisherige Auffassung dazu revidiert.

Die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung

§ 55 Abgabenordnung (AO) - Grundsatz der Selbstlosigkeit - schreibt vor, dass steuerbegünstigte Körperschaften "nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke - zum Beispiel gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke" verfolgen dürfen. Damit stellt sich die Frage, in welchem Umfang wirtschaftliche Betätigungen, die nicht steuerbegünstigt sind (steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe) ohne Schaden für die Gemeinnützigkeit ausgeübt werden dürfen.

Die Finanzverwaltung hat diese Frage bisher mit der sog. Geprägetheorie beantwortet. Danach muss eine Gewichtung zwischen der steuerbegünstigten und der nicht begünstigten wirtschaftlichen Tätigkeit vorgenommen werden:
"Die Körperschaft ist nicht steuerbegünstigt, wenn ihr die wirtschaftliche Tätigkeit bei einer Gesamtbetrachtung das Gepräge gibt." (Anwendungserlass zur Abgabenordnung/AEAO Ziffer 2 zu § 55 Abs. 1 Nr. 1).

Der Begriff des Gepräges wird dabei nicht bezogen auf das Verhältnis der Einnahmen ausgelegt, sondern bezogen auf den Ressourceneinsatz - vor allem, was den Einsatz der Mitarbeiter betrifft. Maßgebend sind dabei der Zeit- und Personalaufwand, den die Körperschaft für die steuerbegünstigten Bereiche einerseits gegenüber den Bereichen der steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe und der Vermögensverwaltung andererseits aufwendet.

Ausschlaggebend ist nach dieser Auffassung also die Mittelherkunft. Eine Körperschaft kann nicht gemeinnützig sein, wenn ihre Tätigkeit überwiegend darin besteht, durch steuerlich nicht begünstigte wirtschaftliche Tätigkeiten Mittel zu erwirtschaften - auch wenn sie diese Mittel ausschließlich für ihre gemeinnützigen Zwecke verwendet.

Zweckbetriebe werden bei der Gewichtung der Tätigkeiten dem steuerbegünstigten Bereih zugeschlagen, da mit Ihnen ja begünstige Zwecke realisiert werden. Eine Organisation kann also auch dann gemeinnützig sein, wenn ihre Tätigkeit ausschließlich einem Zweckbetrieb zugeordnet werden kann.

Bundesfinanzministerium relativiert die Geprägetheorie

Diese sehr streng auf die Mittelherkunft abhebende Auffassung hat das Bundesfinanzministerium (BMF) jetzt deutlich relativiert. Zwar hält es weiter an der Auffassung fest, dass die nicht begünstigte wirtschaftliche Betätigung nicht zum Hauptzweck werden darf:
"Das Ausschließlichkeitsgebot des § 56 besagt, dass eine Körperschaft nicht steuerbegünstigt ist, wenn sie neben ihrer steuerbegünstigten Zielsetzung weitere Zwecke verfolgt und diese Zwecke nicht steuerbegünstigt sind. Im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die Nicht-Zweckbetriebe sind, folgt daraus, dass deren Unterhaltung der Steuerbegünstigung einer Körperschaft entgegensteht, wenn sie in der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und in diesem Sinne neben die Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks der Körperschaft tritt."

Das BMF rückt jetzt aber die Mittelverwendung in den Vordergrund:
"Die Vermögensverwaltung sowie die Unterhaltung eines Nicht-Zweckbetriebs sind aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts nur dann unschädlich, wenn sie um des steuerbegünstigten Zwecks willen erfolgen, indem sie z. B. der Beschaffung von Mitteln zur Erfüllung der steuerbegünstigten Aufgabe dienen."

Das ist aber insofern problematisch, als ohnehin alle Mittel - also auch die aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben - zweckbezogen verwendet werden müssen. Offensichtlich soll aber die Gewichtung weniger kritisch betrachtet werden. Es bleibt aber im Grundsatz dabei, dass gemeinnützige Organisationen sich klar von Wirtschaftbetrieben abheben müssen:
"Ist die Vermögensverwaltung bzw. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dagegen nicht dem steuerbegünstigten Zweck untergeordnet, sondern ein davon losgelöster Zweck oder gar Hauptzweck der Betätigung der Körperschaft, so scheitert deren Steuerbegünstigung."

Andererseits kann aber auch eine ausschließliche Finanzierung aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben unschädlich für die Gemeinnützigkeit sein:
"Bei steuerbegünstigten Körperschaften, insbesondere Mittelbeschaffungskörperschaften, die sich im Rahmen ihrer tatsächlichen Geschäftsführung an die in ihrer Satzung enthaltene Pflicht zur Verwendung sämtlicher Mittel für die satzungsmäßigen Zwecke halten, ist das Ausschließlichkeitsgebot selbst dann als erfüllt anzusehen, wenn sie sich vollständig aus Mitteln eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs oder aus der Vermögensverwaltung finanzieren."
Es muss aber in jedem Fall ein wesentlicher satzungsbezogener Tätigkeitsbereich existieren.

Fazit
Das Grundsproblem der Geprägetheorie hat das BMF nicht behoben. Es bleibt weiter unklar, wie die Sphären zu gewichten sind und ab wann die Gemeinnützigkeit bedroht ist. Offensichlich will die Finanzverwaltung den gemeinnützigen Einrichtungen aber deutlich mehr Spielraum bei Mittelerwirtschaftungsbetrieben geben.


2. Gemeinnützigkeit der UG (Mini-GmbH)

Eine Unternehmergesellschaft (UG) ist gesetzlich verpflichtet, von ihrem Jahresüberschuss bis zum Erreichen des Stammkapitals von 25.000 € mindestens 25% in eine gesetzliche Rücklage einzustellen. Mit der Bildung dieser Rücklage verstößt die Unternehmergesellschaft grundsätzlich nicht gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung.


3. Rücklagenbildung

Als Sonderfall einer zweckgebundenen Rücklage soll künftig eine Wiederbeschaffungsrücklage zulässig sein. Sie gilt für Grundstücke, Fahrzeuge und andere Wirtschaftsgüter, für deren Anschaffung die laufenden Einnahmen nicht ausreichen. Danach könnten grundsätzlich Mittel in Höhe der Abschreibungsraten in eine zweckgebunden Rücklage eingestellt werden.
Voraussetzung ist aber, dass tatsächlich eine Neuanschaffung des einzelnen Wirtschaftsguts geplant und in einem angemessenen Zeitraum möglich ist. Außerdem müssen die Abschreibungen mit dem tatsächlichen Wertverlust übereinstimmen.


4. Vorgaben der Mustersatzung

Die Satzung eines gemeinnützigen Vereins muss sich an der Steuermustersatzung (Anlage zu Nr. 5 zu § 60 AO) orientieren. Zur Umsetzung der neuen Regelungen wurden jedoch einige sprachliche Erleichterungen ausdrücklich zugelassen.
- Vereine müssen in ihren Satzungen nur den Begriff "Auflösung" einfügen. Das Wort "Aufhebung" (das sich nur auf Stiftungen bezieht) muss nicht mehr verwandt werden.
- Bei Stiftungen kann der Begriff der "Mitglieder" durch eine andere geeignete Formulierung ersetzt werden.
- der Wortlaut der Steuer-Mustersatzung muss nicht im Aufbau und in derselben Reihenfolge in der Satzung wiedergegeben werden.


5. Betrieb von Schwimmbädern

Durch den Betrieb eines öffentlichen Schwimmbades werden gemeinnützige Zwecke (öffentliche Gesundheitspflege und Sport) gefördert. Die verschiedenen Tätigkeiten eines gemeinnützigen Schwimmvereins werden steuerlich wie folgt behandelt:
Die Vermietung des Schwimmbads auf längere Dauer an die Träger der Schulen(Schulschwimmen) ist als Vermögensverwaltung anzusehen. Eine Vermietung auf längere Dauer ist in bei stundenweiser Nutzungsmöglichkeit des Schwimmbads durch die Schulen anzunehmen, wenn die Nutzung mehr als ein Schulhalbjahr (mindestens sechs Monate) erfolgt.
Das Vereinsschwimmen und die Durchführung von Schwimmkursen sind Zweckbetriebe nach § 67a AO (sportliche Veranstaltungen). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Teilnehmer an den Schwimmkursen Mitglieder des Vereins oder Vereinsfremde sind.
Das Jedermannschwimmen ist insgesamt als Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO anzusehen, wenn die nicht unmittelbar dem Schwimmen dienenden Angebote (zum Beispiel Sauna, Solarium) von untergeordneter Bedeutung sind. Schwimmbäder, die danach als Zweckbetriebe begünstigt sind, stehen in keinem schädlichen Wettbewerb zu steuerpflichtigen Schwimmbädern (§ 65 Nr. 3 AO), weil sie i.d.R. anders strukturiert sind (so genannte Spaßbäder) und sich ihre Angebote erheblich von dem im Wesentlichen auf das Schwimmen begrenzten Angebot der Vereinsschwimmbäder unterscheiden.

BMF: Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung vom 17.1.2012 (PDF)

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