Vereinsknowhow - Kurzinfo:
Der neue Anwendungserlass zur Abgabenordnung

Stand: 4.04.2014

Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) wurde geändert. Damit liegen endlich Verwaltungsanweisungen zu den Gesetzesänderungen durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz (März 2013) vor.

 

Vereinfachter Nachweis der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit

Mildtätige Organisationen dürfen nur Personen unterstützen, die persönlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftig sind. Als wirtschaftlich hilfsbedürftig gelten nach § 53 AO Menschen, deren Bezüge nicht höher sind als das Vierfache des Sozialhilferegelsatzes - bei Alleinstehenden oder Haushaltsvorständen das Fünffache. Der Nachweis der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit macht Unterlagen über das Einkommen und das Vermögen der unterstützten Personen erforderlich. Für mildtätige Organisationen bedeutet das einen erheblichen Aufwand.

Eine grundsätzliche Erleichterung für bestimmte mildtätigte Organisationen bringt die Regelung des neuen § 53 Nr. 2 AO: Auf Antrag kann auf einen Nachweis der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit verzichtet werden, wenn auf Grund der besonderen Art der gewährten Unterstützungsleistung sichergestellt ist, dass nur wirtschaftlich hilfsbedürftige Personen unterstützt werden.
Dabei sind nach Auffassung der Finanzverwaltung die besonderen Gegebenheiten vor Ort sowie Inhalte und Bewerbungen des konkreten Leistungsangebotes zu berücksichtigen. Im Regelfall müssen Kleiderkammern, Suppenküchen, Obdachlosenasyle und Tafeln keine Nachweise erbringen.

In anderen Fällen reicht dagegen die pauschale Behauptung, dass die Leistungen sowieso nur von Hilfebedürftigen in Anspruch genommen werden, nicht aus. Werden z.B. bei einem Sozialkaufhaus Leistungen an jeden erbracht, der sie in Anspruch nehmen möchte, dann kommt eine Befreiung nicht in Betracht.

Den Bescheid über den Nachweisverzicht kann das Finanzamt befristet erteilen oder mit anderen Nebenbestimmungen versehen (Ziffer 12 zu § 53).


Teilweise Mittelweitergabe

Nach § 58 Nummer 2 Abgabenordnung (AO) ist es gemeinnützigen Vereinen erlaubt, ihre Mittel teilweise (d. h. zu weniger als der Hälfte) anderen steuerbegünstigten Körperschaften zuzuwenden. Das ist eine Ausnahme vom Grundsatz der Unmittelbarkeit. Diese Mittelweitergabe ist unabhängig von einer entsprechenden Satzungsregel möglich und für alle begünstigten Zwecke (nicht nur die eigenen Satzungszwecke) möglich.

Die Finanzverwaltung präzisiert im neuen AEAO, wie sich der Anteil der Mittel, die weitergegeben werden dürfen, errechnet:
Berechnungsgrundlage für die maximal zulässige Höhe der Mittelweitergabe ist das Nettovermögen (Vermögenswerte abzüglich Verbindlichkeiten) der Körperschaft im jeweiligen Jahr (Veranlagungszeitraum). Auf die im jeweiligen Veranlagungszeitraum zeitnah zu verwendenden Mittel kommt es nicht an.

Der Empfänger muss die Mittel zeitnah verwenden - d.h. bis Ende des übernächsten Jahres nach Zufluss. Ein Verstoß gegen diese Vorgabe betrifft aber nur den Mittelempfänger nicht den Mittelgeber (Ziffer 2 zu § 58 Nr. 2 AO).
Waren die Mittel beim Geber nicht zeitnah zu verwenden (z.B. freie Rücklagen), gilt das auch für den Mittelempfänger. Die entsprechenden (anteiligen) Mittel müssten also ausgewiesen werden.


Gewährung der Gemeinnützigkeit schon vor Eintragung

Bisher war es Praxis der Finanzämter, die Gemeinnützigkeit erst zu gewähren, wenn ein Registerauszug vorliegt. Das ist problematisch, weil auch nicht eingetragene Vereine gemeinnützig sein können und die Eintragung nicht selten lange dauert. In dieser Zeit konnten die Vereine dann noch keine Spendenbescheinigungen ausstellen.

Der neue AEAO stellt nun klar, dass die Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen bereits vor einer Registereintragung oder (bei Stiftungen) einer Anerkennung/Genehmigung der Körperschaft erfolgen kann, wenn eine Körperschaftsteuerpflicht besteht (Ziffer 4 zu § 60a Abs. 1 AO). Für Vereine gilt das immer, weil sie auch Körperschaften sind, wenn sie nicht eingetragen sind.
Voraussetzung ist ein "wirksamer Organbeschluss". Bei Vereinen ist das der Beschluss der Gründungsversammlung über die Gründung des Vereins und die Annahme der Satzung.

Im AEAO ist das aber als Kann-Regelung formuliert. Ein gesicherter Anspruch auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit des Vereins vor seiner Eintragung ergibt sich daraus aber nicht.

Zeitnahe Mittelverwendung - neue Frist gilt schon ab 2012

Durch die Verlängerung der Frist zur zeitnahen Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO) müssen alle Mittel erst im übernächsten Jahr nach dem Zufluss verwendet werden. Diese Neuregelung trat aber erst 1.01.2014 in Kraft. Unklar war deshalb, ab wann die Regelung greift.
Die Finanzverwaltung stellt nur klar: Das gilt für alle Mittel, die nach dem 31.12.2011 vereinnahmt wurden (AEAO, Ziffer 29 zu § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO).

Das bedeutet: Alle Mittel die in 2012 zugeflossen sind, müssen erst bis Ende 2014 verwendet werden.

Die Mittelverwendungsfrist gilt auch beim Verkauf von Gegenständen des Sachvermögens, die satzungsmäßigen Zwecken dienen und aus zeitnah zu verwendenden Mitteln angeschafft worden sind. Der Verkaufserlös muss also erst im übernächsten Jahr zweckgebunden verwendet werden.

Beispiel: Der Verein besitzt einen Kleintransporter, den er bislang einsetzte, um Material und Sportgeräte zu Trainings- und Wettkampforten zu bringen. In 2014 wird der Transporter verkauft. Der Verkaufserlös muss bis Ende 2016 zweckgebunden verwendet werden.

Wird Sachvermögen in die Vermögensverwaltung oder den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb überführt, entsteht eine Pflicht zu zeitnahen Mittelverwendung in Höhe des Verkehrswertes.

Beispiel: Ein Segelverein nutzt eine Yacht, die bisher für Ausbildungs- und Trainingszwecke eingesetzt wurde, nur noch für die Vercharterung an Vereinsfremde - d.h. im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Er muss in gleicher Höhe dem steuerbegünstigen Bereich Mittel aus Vermögensverwaltung oder steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuführen - etwa aus freien Rücklagen oder aus dem Verkaufserlös von Sachvermögen, dass nicht zweckgebunden verwendet wird.
Bemessungsgrundlage ist aber nicht der Neuwert der Yacht, sondern der Zeitwert - also der aktuell erzielbare Verkaufspreis.

Vermögensausstattungsrücklage: Gründung von gemeinnützigen Kapitalgesellschaften und Stiftungen

Neu eingeführt wurde mit dem Ehrenamtsstärkungsgesetz eine Rücklage für die Vermögensausstattung anderer steuerbegünstigter oder öffentlich-rechtlicher Körperschaften (§ 58 Nr. 3 AO).

Die Neuregelung war nötig geworden, weil die Finanzverwaltung seit 2012 die Auffassung vertritt, dass für die Vermögensausstattung von - auch gemeinnützigen - Kapitalgesellschaften keine zeitnah zu verwendenden Mittel eingesetzt werden dürfen. Das betrifft vor allem die Gründung von gemeinnützigen Tochter-GmbHs und Stiftungen durch gemeinnützige Organisationen. Die Ausgründung von Zweckbetrieben wäre so erheblich erschwert worden.

Nach der Regelung des § 58 Nr. 3 AO dürfen für die Vermögensausstattung (dazu gehört auch die Gründung) gemeinnütziger Körperschaften nicht nur freie Rücklagen benutzt werden, sondern auch

  • die Überschüsse aus der Vermögensverwaltung
  • die Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben
  • bis zu 15 Prozent der zeitnah zu verwendenden Mittel.

Berechnungsgrundlage dieser Grenzen sind die Verhältnisse des vorangegangenen Kalender- oder Wirtschaftsjahres. Außerdem

  • müssen die steuerbegünstigten Zwecke von Empfänger- und Geberkörperschaft übereinstimmen. Das kann aber auch einer von mehreren Zwecken sein,
  • dürfen die zugewandten Mittel und deren Erträge nicht für weitere Mittelweitergaben nach § 58 Nr. 3 AO zur Vermögensausstattung verwendet werden,
  • unterliegen die zugewendeten Mittel und Erträge beim Empfänger der steuerbegünstigten Mittelverwendungspflicht

Erlaubt ist aber nur die Hingabe von Kapital bei der Neugründung (z.B. eine gGmbH) oder im Rahmen einer Kapitalerhöhung, nicht aber der Erwerb von Anteilen an einer bereits bestehenden Körperschaft.



Die Nachholung freier Rücklagen

Bisher sah die Finanzverwaltung bei freien Rücklagen eine streng auf das jeweilige Jahr bezogene Bemessung der Höchstgrenzen für die Bildung freier Rücklagen vor. Wurde die Höchstgrenze nicht voll ausgeschöpft, war eine Nachholung in späteren Jahren nicht zulässig (AEAO, Ziffer 15 zu § 58 Nr. 7).

Künftig gilt nach dem neuen § 62 Absatz 2 Nr. 3 AO: "Ist der Höchstbetrag für die Bildung der freien Rücklage in einem Jahr nicht ausgeschöpft, kann diese unterbliebene Zuführung in den folgenden zwei Jahren nachgeholt werden".

Gemeinnützige Körperschaften können als künftig das nicht ausgeschöpfte Volumen für die freie Rücklage für zwei Jahre vortragen. Grundsätzlich erweitert sich dadurch das Potential für die Bildung freier Rücklagen.

Dass der Höchstbetrag nicht ausgeschöpft werden kann, bedeutet, dass die liquiden Mittel geringer sind als die rechnerisch mögliche Rücklagenbildung. Die Berechnung der Höchstgrenzen erfolgt ja bezogen auf die Einnahmen (im ideellen Bereich) bzw. auf den Ertrag (in Vermögensverwaltung und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben). Diese Größen decken sich aber meist nicht mit den am Jahresende tatsächlich vorhandenen Mitteln.

Das ist der Fall,

  • wenn zweckgebundene Rücklagen gebildet wurden, der Mittelüberhang also bereits dafür verwendet wurde,
  • wenn die überschüssigen Mittel für die Anschaffung von zweckgebundenem Anlagevermögen verwendet wurden, das erst über die Abschreibungen in den Folgejahren in die Gewinnermittlung eingeht,
  • weil im ideellen Bereich Bemessungsgrundlage die Einnahmen und nicht die Überschüsse sind.

Für jedes Jahr muss die Bemessungsgrundlage getrennt ermittelt werden. Ist in einem Jahr die rechnerische Höchstgrenze niedriger als die überschüssigen Mittel, wird die Differenz ins nächste Jahr vorgetragen.

Wird der jährliche Höchstbetrag der Mittel, die in die freie Rücklage hätten eingestellt werden können, in einem Jahr nicht ausgeschöpft, können Mittel also in Höhe des nicht ausgeschöpften Betrages zusätzlich in den beiden Folgejahren in die freie Rücklage eingestellt werden. Der Betrag kann dabei auf beide Jahre aufgeteilt werden oder ganz in einem der beiden Folgejahre in die Rücklage eingestellt werden.

Sind im Folgejahr nicht genügend Mittelüberhänge vorhanden, um beides auszuschöpfen, kann der Vortrag aus dem ersten also auch ganz oder teilweise ins dritte Jahr übernommen werden. Eine weitere Kumulation der Vorträge ist aber nicht möglich. Eine in 2013 nicht ausgeschöpfte Höchstgrenze verfällt in 2016.

Die Regelung erlaubt dabei nur einen Vortrag nicht ausgeschöpfter Höchstgrenzen. Waren die verfügbaren Mittel in einem Jahre also größer als die Höchstgrenze für die Rücklagenbildung, können diese Mittel nicht im Folgejahr in die freie Rücklage eingestellt werden. Vorgetragen wird der nicht ausgeschöpfte Bemessungsrahmen, nicht die verfügbaren Mittel.

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