Forum Vereinsknowhow
Sonstiges :  Forum Vereinsknowhow Startseite

Fragen zu allen anderen Theman 
Rechte und Pflichten des Protokollführers
von: Charles Foreman ()
Datum: 13.11.2018

Hallo,

der Protokollführer einer Mitgliederversammlung schreibt mit Einverständnis des Versammlungsmitglieder ein sehr ausführliches Verlaufsprotokoll der Sitzung. Man kann auch davon ausgehen, mit Einverständnis der Mitglieder, den sein Protokollstil ist bekannt und er wurde in der Vergangenheit auch dann zum Protokollanten gewählt, wenn es Gegenkandidaten gibt.

Der Vorstand ist damit nicht einverstanden: Er möchte ein reines Ergebnisprotokoll. Es wird der Vorschlag gemacht, der Protokollant soll einfach zwei Protokolle anfertigen - ein reines Ergebnisprotokoll und ein Verlaufsprotokoll. Das lehnt der Protokollant ab, weil er hier rechtliche Bedenken hat, zumal die Argumentation des Vorstandes darauf hinausläuft, das man das Ergebnisprotokoll vor allem für das Finanzamt und das Amtsgericht benötige, die ja nicht alles zu wissen brauchten.

Frage 1: Sind die rechtlichen Bedenken des Protokollanten begründet oder unbegründet? Kann der Vorstand ein derartiges zweites Protokoll fordern? Oder braucht es dazu die Zustimmung der Mitgliederversammlung?

In der Einladung zur nächsten Mitgliederversammlung schreibt der Vorstand, ein Ergebnisprotokoll sei für das Finanzamt und das Amtsgericht zwingend erforderlich. Der Protokollant erkundigt sich beim zuständigen Finanzamt und Amstgericht, beide erklären, dass ihnen die Form des Protokolls völlig egal ist. Auf der Mitgliederversammuing wird der Protokollant gegen den Widerstand des Vorstandes wiedergewählt.

Nun wirft der Vorstand dem Protokollanten vor, er habe mit der Anfrage beimn Finanzamt und beim Amtsgericht seine Kompetenzen überschritten, eine derartige Anfrage stehe nur dem Vorstand und dem Steuerberater zu. Der Protokollant ist der Ansicht, dass eine allgemeine Anfrage, die keine Steuergeheimnisse betrifft, von jedem Bürger gestellt werden kann; in diesem Sinne hatte auch das Finanzamt geantwortet. ("Wir können ihnen keine Auskünfte geben, die dem Steuergeheimis unterliegen, aber wir können ihnen mitteilen, dass es von unserer Seite keine Vorschrift gibt, dass zwingend ein Ergebnisprotokoll vorgelegt werden muss.")

Frage 2: Hat der Protokollant seine Kompetenzen überschritten? (Es geht hier nur um die rechtliche Bewertung.)

Und zuletzt: Dem Protokollant wird vom Vorstand angedroht, sollte es aufgrund der Anfrage zu einem Prüfung des Finanzamts kommen, man ihn wegen Schadensersatz verklagen und wegen vereinschädigendem Verhalten aus dem Verein auschießen werde.

Frage 3: Ist diese Drohung irgendwie stichhaltig?

Mit freundlichen Grüßen,
Charles

Re: Rechte und Pflichten des Protokollführers
von: pfeffer ()
Datum: 14.11.2018

# Frage 1: Sind die rechtlichen Bedenken des Protokollanten begründet oder unbegründet? Kann der Vorstand ein derartiges zweites Protokoll fordern? Oder braucht es dazu die Zustimmung der Mitgliederversammlung?

Welchen rechtlichen Status hat der Protokollführer? Ist er Vorstandsmitglied?
Wenn er keine Organstellung hat, ist er als Verrichtungsgehilfe des Vorstands an dessen Weisungen gebunden.
Ist er Teil des Vorstands, obliegt es dort einem Mehrheitsentscheid, wie verfahren werden soll.
Die MV kann aber grundsätzlich Weisungen erteilen

Übrigens hat der Vorstand recht. Nach herrschender Rechtsauffassung ist das Versammlungsprotokoll ein Ergebnisprotokoll. Es ist also keine Verlaufsprotokollierung erforderlich.


# Frage 2: Hat der Protokollant seine Kompetenzen überschritten? (Es geht hier nur um die rechtliche Bewertung.)

Da er nicht in Vertretung des Vereins gehandelt hat, sehe ich da kein Problem.
Und selbst wenn: Es entstehen daraus ja keine rechtlichen Folgen.


# Frage 3: Ist diese Drohung irgendwie stichhaltig?

Sie ist schon deswegen abstrus, weil eine Prüfung des FA (das das sicher nicht zum Anlass nehmen wird) nur die Folgen hat, die der Vorstand selbst verschuldet. Sind die steuerlichen Pflichten nicht erfüllt worden, liegt das Verschulden nicht in der Aufdeckung, sondern in der Pflichtverletzung.

Re: Rechte und Pflichten des Protokollführers
von: Charles Foreman ()
Datum: 14.11.2018

Erst mal vielen Dank.

> Welchen rechtlichen Status hat der
> Protokollführer?

Der Protokollführer wird ebenso wie der Versammlungsleiter von der Mitgliederversammlung gewählt. Er is kein Mitglied des Vorstandes.

> Es ist also keine
> Verlaufsprotokollierung erforderlich.

Erforderlich nicht, aber mW doch auch nicht verboten? Viele Mitglieder schätzen die ausführliche Protokollierung, der Vorstand möchte sie unterbinden. Die Auskunft von Gericht und Finanzamt sind: Uns reicht ein Ergebnisprotokoll, aber es muss kein Ergebnisprotokoll sein.

Der Protokollant vertritt den Standpunkt, dass er von der Mitgliederversammlung beauftragt wurde und er deswegen nicht den Weisungen des Vorstandes unterliegt, vor allem wenn diese Weisungen den impliziten Vorstellungen der Mitgliederversammlung entgegenlaufen.

Wie ist das denn nun mit den zwei Protokollen? Darf ein Protokollführer einfach ein gekürztes und ein ausführliches Protokoll erstellen? Er stellt sich auf den Standpunkt, dass es ohne expliziten Auftrag der Mitgliederversammlung es nur *das eine* Protokoll einer Versammlung geben kann.

Wenn der Protokollant den Weisungen des Vorstandes unterliegt, wie ist das dann mit Textänderungen? Ein Protookoll muss ja wahrheitsgemäß sein, was soll ein Protokollant dann machen, wenn der Vorstand sagt: "Das wurde in der MV falsch gesagt, das müssen wir im Protokoll ändern?" Auch den Fall hatten wir schon.

Mit freundlichen Grüßen,
Charles

Re: Rechte und Pflichten des Protokollführers
von: pfeffer ()
Datum: 14.11.2018

# Der Protokollant vertritt den Standpunkt, dass er von der Mitgliederversammlung beauftragt wurde und er deswegen nicht den Weisungen des Vorstandes unterliegt, vor allem wenn diese Weisungen den impliziten Vorstellungen der Mitgliederversammlung entgegenlaufen.

Wenn er laut Satzung von der MV gewählt wurde, hat er eine eigenständige Organstellung und wäre nur der MV verantwortlich. Dann muss er sich vom Vorstand grundsätzlich keine Vorgaben machen lassen.


# Wie ist das denn nun mit den zwei Protokollen? Darf ein Protokollführer einfach ein gekürztes und ein ausführliches Protokoll erstellen? Er stellt sich auf den Standpunkt, dass es ohne expliziten Auftrag der Mitgliederversammlung es nur *das eine* Protokoll einer Versammlung geben kann.

Dürfen ja; müssen nicht, wenn die MV das nicht verlangt.

Re: Rechte und Pflichten des Protokollführers
von: Charles Foreman ()
Datum: 14.11.2018

Nochmal Danke.

> Wenn er laut Satzung von der MV gewählt wurde

In der Satzung heißt es nur, dass der Ablauf der Versammlung durch eine Geschäftsordnung der Mitgliederversammlung geregelt wird. In der Geschäftsordnung heißt es dann, dass der Protokollführer mit einfacher Mehrheit gewählt wird. Zum Protokoll heißt es nur, dass daraus Uhrzeit, Versammlungsort, Zahl der stimmberechtigt erschienenen Mitglieder, die Tagesordnung und die Gegenstände der Beschlussfassung in der Reihenfolge der Behandlung, die Beschlüsse im Wortlaut und die Abstimmungsergebnisse ersichtlich sein müssen. Was das Ablaufprotokoll ja durchaus erfüllt.

> Dürfen ja; müssen nicht, wenn die MV das nicht
> verlangt.

Danke.

Als Hintergrundinformation: Der Vorstand wird nicht von der Mitgliederversammlung gewählt, sondern direkt von den Mitgliedern. Deswegen kommt es auch immer wieder zu Konflikten zwischen Mitgliederversammlung und Vorstand. (Das ist ein bißchen wie in den USA, wenn der Republikaner-Präsident eine Demokraten-Mehrheit im Kongreß hat.) Deswegen hat der Vorstand auch ein Interesse, dass die Mitglieder außerhalb der Versammlung über vieles möglichst uninformiert bleiben.

Mit freundlichen Grüßen,
Charles