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Rechtliche und organisatorische Fragen des Vereinslebens 
Auflösungsparagraph in Satzung und Thema Haftung
von: RedaktionW ()
Datum: 10.11.2018

-- Sorry, ich hatte diesen Beitrag aus Versehen schon unter "Sonstiges" gepostet - hier ist er aber wohl richtig --

Guten Tag,
wir arbeiten an einer neuen Satzung für unseren gemeinnützigen Kultur e.V.
Dazu habe ich Fragen zu denen ich leider bisher keine passende Antwort gefunden habe.

1)
Ist die folgende Formulierung korrekt und ausreichend i.S. Anl.1 zu §60 AO, obwohl kein KONKRETER Empfänger im Falle der Auflösung angegeben ist?
"2. Bei Auflösung oder Aufhebung des Vereins oder bei Wegfall seines bisherigen Zweckes darf das Vereinsvermögen nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden. Dazu ist das Vermögen einem anderen gleichgelagerten steuerbegünstigten Verein mit einer vergleichbaren Zielstellung zu übertragen, die es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige Zwecke zu verwenden hat. Vor solch einer Übertragung ist die Zustimmung des zuständigen Finanzamtes einzuholen."

Grund für diese Formulierung ist, dass der alte Empfängerverein sich aufgelöst hat und kein passender unmittelbar zur Verfügung steht.

2)
Der Verein hat die Organe Mitgliederversammlung und Vorstand.
weiter ist festgelegt:
1. Der Vorstand besteht aus dem 1. Vorsitzenden, dem 2. Vorsitzenden, dem Schatzmeister und dem Schriftführer und bei Bedarf aus einem bis drei Beisitzern. Die Vorstandsmitglieder sind ehrenamtlich tätig.
2. Der 1. Vorsitzende, der 2. Vorsitzende und der Schatzmeister vertreten den Verein im Sinne des § 26 BGB (BGB-Vorstand). Sie sind jeweils zu zweit für den Verein vertretungsberechtigt.

Beschlüsse werden im Vorstand mit einfacher Mehrheit gefasst.

Nun sehe ich das Problem, dass der BGB-Vorstand ja bei 3 Beisitzern überstimmt werden kann (3:4). Nach meinem Verständnis muss aber der BGB-Vorstand das was beschlossen wurde nach aussen umsetzen, also z.B. Käufe tätigen etc., auch wenn er aus gutem Grunde komplett dagegen ist. Das träfe auch auf einen Beschluss zu, aus dessen Umsetzung sich eine Haftung ergeben könnte.

Die erste Frage ist: Stimmt es, dass der BGB-Vorstand auch nach aussen auf diese Weise gebunden ist?
Die zweite Frage dazu: Wenn der Vorstand einen haftungsrelevanten Beschluss fasst, haftet dann im Haftungsfall der GANZE Vorstand (als Organ) oder nur der BGB-Vorstand?

Über eine Klärung würde ich mich sehr freuen, da es mir trotz zeitintensiver Internetrecherchen nicht gelungen ist, für mich Klarheit zu erzielen.

Vielen Dank im Voraus.

Re: Auflösungsparagraph in Satzung und Thema Haftung
von: pfeffer ()
Datum: 10.11.2018

1.
Die Vorgabe der Finanzverwaltung lautet:
"Bei Auflösung oder Aufhebung des Vereins oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke fällt das Vermögen des Vereins an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine andere steuerbegünstigte Körperschaft zwecks Verwendung für ... (Angabe eines bestimmten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecks, z. B. Förderung von Wissenschaft und Forschung, Erziehung, Volks- und Berufsbildung, der Unterstützung von Personen, die im Sinne von § 53 der Abgabenordnung wegen ... bedürftig sind, Unterhaltung des Gotteshauses in ...). "
Ich sehe hier keinen Grund davon abzuweichen.

# Die erste Frage ist: Stimmt es, dass der BGB-Vorstand auch nach aussen auf diese Weise gebunden ist?

Nach außen nicht, aber im Innenverhältnis können Vorstandsmitglieder in Haftung genommen werden, wenn sie gegen Beschlüsse verstoßen.

# Die zweite Frage dazu: Wenn der Vorstand einen haftungsrelevanten Beschluss fasst, haftet dann im Haftungsfall der GANZE Vorstand (als Organ) oder nur der BGB-Vorstand?

Das hängt vom konkreten Fall ab. Meist ist nach außen ja nur der BGB-Vorstand fassbar.

Hinweis: Sie können das Problem ja so lösen, dass die BGB-Vorstände mehr Stimmen haben (z.B. zwei und die Beisitzer nur eine) oder die Beisitzer kein Stimmrecht haben.

Re: Auflösungsparagraph in Satzung und Thema Haftung
von: RedaktionW ()
Datum: 11.11.2018

Ganz herzlichen Dank für die superschnelle Antwort!!

Es scheint mir jedoch nicht gelungen, unsere Probleme ausreichend klar zu formulieren. Deshalb möchte ich es hier ergänzend erläutern.
1)
Wir haben eben aktuell keinen KONKRETEN gemeinnützigen Verein, den wir da eintragen können.
Deshalb haben wir die geforderte Formulierung korrekt , ABER ohne Nennung eines KONKRETEN Vereins formuliert, weil wir das schon einmal irgendwo in einer Satzung so gesehen hatten. Die Frage ist, ob unbedingt ein ganz konkreter Verein drin stehen muss, damit die Forderung des FA erfüllt ist, oder ob unsere Formulierung das auch erfüllt:

**"Bei Auflösung oder Aufhebung des Vereins oder bei Wegfall seines bisherigen Zweckes darf das Vereinsvermögen nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden. Dazu ist das Vermögen einem anderen gleichgelagerten steuerbegünstigten Verein mit einer vergleichbaren Zielstellung zu übertragen, die es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige Zwecke zu verwenden hat. Vor solch einer Übertragung ist die Zustimmung des zuständigen Finanzamtes einzuholen." **

Wir müssten uns sonst auf die Suche nach einem solchen Verein in der Gegend machen.

Die bisherige Antwort (Danke dafür) kann ich so interpretieren, dass wir so einen konkreten Verein suchen und eintragen MÜSSEN- bin aber nicht sicher, ob ich das richtig verstanden habe.

2)

Ich möchte das Problem, das wir sehen mit einem Beispiel erläutern:
Angenommen, der Vorstand (7 Mitglieder, davon 3 BGB-Vorstand) beschliesst, eine u.a. finanziell riskante Veranstaltung durchzuführen, der BGB-Vorstand lehnt das aber ab, weil er das (finanzielle) Risiko sieht und vermeiden möchte.
Nach meinem Verständnis müssen die Mitglieder des BGB-Vorstandes dann trotzdem alle Verträge für diese Veranstaltung abschliessen, weil ja nur sie nach aussen tätig sein dürfen.
Damit können doch nur sie für einen (potenziell hohen) Schaden belangt werden - oder können sie auf der Grundlage des VorstandsBeschlusses dann auch die anderen Vorstandsmitglieder mit in die Haftung einbeziehen?
Nach innen ggü dem Verein könnte ich mir das vorstellen, aber wenn in Folge der Veranstaltung (warum auch immer) ein Haftungsanspruch von aussen entstehen sollte, dann sind doch (nach meiner Sicht) nur die BGB-Vorstandsmitglieder im Fokus. Etwas leger formuliert, die Nicht-BGB-Vorstandsmitglieder hätten eine Art "Freibrief" für ihr Beschlussverhalten, das dann allein die BGB-Vorstandsmitglieder zu verantworten hätten - oder sehe ich das falsch?

Mir ist klar, dass Ihr "Hinweis" oben das Thema/Problem lösen würde, nur befürchte ich, die Diskussion darüber wird bei uns nur führbar sein, wenn wir das eben Geschilderte richtig verstehen.

Freundliche Grüße mit Dank

PS: Danke für das Löschen meiner falsch plazierten ersten Anfrage.

Re: Auflösungsparagraph in Satzung und Thema Haftung
von: pfeffer ()
Datum: 11.11.2018

# Wir haben eben aktuell keinen KONKRETEN gemeinnützigen Verein, den wir da eintragen können.
# Deshalb haben wir die geforderte Formulierung korrekt , ABER ohne Nennung eines KONKRETEN Vereins formuliert, weil wir das schon einmal irgendwo in einer Satzung so gesehen hatten. Die Frage ist, ob unbedingt ein ganz konkreter Verein drin stehen muss, damit die Forderung des FA erfüllt ist, oder ob unsere Formulierung das auch erfüllt:

In der Vorgabe nach AO wird ja keine bestimte Organisation benannt, nur ein bestimmter Zweck.
Das FA wird die Abweichung von der Mustersatzung monieren. Zumal sie ja nicht erforderlich ist.

# Etwas leger formuliert, die Nicht-BGB-Vorstandsmitglieder hätten eine Art "Freibrief" für ihr Beschlussverhalten, das dann allein die BGB-Vorstandsmitglieder zu verantworten hätten - oder sehe ich das falsch?

Vor den Folgen vertraglicher Haftung ist der Vorstand geschützt (Organhaftung)
Grundsätzlich sind Ihre Bedenken aber berechtigt.
Deswegen mein Vorschlag, per Satzung sicherzustellen, dass die BGB-Vorstände eine Stimmmehrheit haben.

Re: Auflösungsparagraph in Satzung und Thema Haftung
von: RedaktionW ()
Datum: 13.11.2018

Ganz herzlichen Dank für die erneut superschnelle Antwort!!

Zu meinem Thema 1 (Auflösung) möchte ich mich entschuldigen, dass ich Ihre Zeit in Anspruch genommen habe, ich war da zu unaufmerksam beim Lesen der AO-Vorgabe; Danke für die Aufklärung. Natürlich haben Sie Recht!
Wir werden also im Wortlaut der AO-Vorgabe nur den Zweck aus unserer Satzung ergänzen: „…zwecks Verwendung für die Fortführung gewachsener Traditionen, die Förderung und Erweiterung des kulturellen und sportlichen Lebens und des Gemeinsinns im Ort.“

Zum Thema 2 (Haftung,Abstimmung) hilft mir ihr Hinweis sehr. Ich werde versuchen, in der Satzung sicherzustellen, dass der BGB-Vorstand eine Stimmmehrheit hat bzw. zumindest im (gesamten) Vorstand nicht überstimmt werden kann.

(Ich habe inzwischen einige Zeit damit verbracht, Beispiele und grundsätzliche Argumentationsdiskussionen im Internet dazu zu verfolgen. Es scheint ein sehr komplexes Thema mit teils verwirrenden Aspekten zu sein, wenn man alle Eventualitäten abdecken will.
Meine persönliche Sicht zum Grundsätzlichen ist nunmehr: Wenn man einen Vorstand mit z.B. 3 BGB-Mitgliedern und z.B. 4 weiteren Mitgliedern haben möchte, um die Mitbestimmung zu fördern und auf breitere demokratische Basis zu stellen, dann scheint mir eine Klausel der Art „…bei allen Beschlüssen mit externer Vertretungsrelevanz darf für einen wirksamen Beschluss der BGB-Vorstand nicht überstimmt werden…“ die beste Lösung zu sein. Nur wird man das wohl in den seltensten Fällen in die Satzung schreiben wollen und wird somit mit den Grauzonen, die sich in extremeren Situationen ergeben können, leben müssen.)

Vielen Dank noch einmal und weiterhin viel Erfolg mit dem tollen Portal!