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Rechtliche und organisatorische Fragen des Vereinslebens 
Gemeinschaftsarbeit
von: boernie53 ()
Datum: 16.10.2017

Hallo,

in unserem Verein hat jedes Mitglied drei Stunden Gemeinschaftsarbeit im Jahr zu leisten, die, wenn keine Arbeit da ist zum Jahresende mit 75 € zu Buche schlägt. In diesem Jahr wurde und wird jede Arbeitskraft gebraucht. Mehrere Aushänge wiesen in diesem Jahr auf die Pflicht hin. Eine Familie meldete sich gar nicht, und bekam einen Mahnbrief, sich bis Ende dieser Woche zu melden , um einen Termin abzustimmen. Prompt wurden die 75 € überwiesen, ohne sich irgendwo zu melden.
Wie sollte ich mich als Vorsitzender verhalten. Die Sache einfach so hinnehmen, widerstrebt mir, weil Sie die Satzung, die Beschlüsse der Mitglieder und den Vorstand ignorieren und missachten.
Kann hier abgemahnt werden?

Mit freundlichen Grüßen
boernie53

Re: Gemeinschaftsarbeit
von: Wolfgang Pfeffer ()
Datum: 17.10.2017

Wie lautet denn die Satzungsregelung zur Arbeitsleistung bzw. zur Abgeltung durch Geldzahlung?

Re: Gemeinschaftsarbeit
von: boernie53 ()
Datum: 17.10.2017

Hallo Herr Pfeffer,
in unsrer Satzung steht unter dem §6 Pflichten der Mitglieder
- die von der MV beschlossene Gemeinschaftsarbeit zu erbringen. Für nicht geleistete Gemeinschaftsarbeit ist der von der MV beschlossene Ersatzbetrag zu entrichten.

Für mich heißt das, Priorität hat die Arbeit, sollte es durch irgendwelche Gründe absolut nicht gehen, muss gezahlt werden. Und zumindest gehört es sich, mit dem Vorstand diese Entscheidung abzustimmen, was leider nicht erfolgte. Es wird immer das Thema "Keine Zeit" ins Spiel gebracht, aber zum Gassigehen wird die Zeit aufgebracht

Danke für die zu erwartende Antwort,
boernie53

Re: Gemeinschaftsarbeit
von: Wolfgang Pfeffer ()
Datum: 18.10.2017

Dass hier eine Arbeitsleistung verlangt wird und keine Geldzahlung, ist natürlich richtig. Der Regelung hat das Mitglied auch kein Wahlrecht.
Die Frage ist aber, wie man Arbeitsleistungen erzwingen soll. Praktisch geht das nicht.

Ich sehe da nur zwei Möglichkeiten:
1. Man verhängt Vereinsstrafen gegen die Mitglieder. Wenn die Satzung dazu nichts regelt, bleibt nur der Vereinsausschluss. Der kann hier verhängt werden, weil das Nichterbringen der Beiträge ein gravierender Verstoß gegen die Mitgliederpflichten ist.
2. Man erhöht den Geldbetrag so deutlich, dass er entweder die Mitglieder bewegt, die Arbeitsstunden zu leisten oder daraus Dritte bezahlt werden können.

Re: Gemeinschaftsarbeit
von: Hardy ()
Datum: 18.10.2017

Sollen Gemeinschaftsleistungen gefordert werden, müssen sie in einem Dokument festgelegt sein. Das kann als Mitgliederpflichten in der Vereinssatzung, aber auch als Pächterpflichten im Unterpachtvertrag erfolgen. Letzteres ist sinnvoll, weil damit das Verweigern der Pflichtstunden ein Kündigungsgrund für den Unterpachtvertrag sein kann.
Boernie, mache es zuerst mit der Abmahnung wenn die Arbeitsstunden als Pflicht in der Satzung fixiert ist. Wegen der Höhe für nichtgeleistete Arbeitsstunden lese mal das Urteil des AG Stollberg vom 21.5.1996, AZ: 1 C 1215/95.
Bei mir im Gartenverein macht der Vorstand zur JHV im März einen Beschlussvorschlag: alle Termine für das lfd. Jahr, Stundenzahl pro Garten, Höhe des Beitrages für nichtgeleistete Stunden. Generell werden Beschlüsse der MV in unseren 2 Schaukästen max. nach 14 Tagen ausgehangen.
Hard

Re: Gemeinschaftsarbeit
von: Kizu ()
Datum: 18.10.2017

> 2. Man erhöht den Geldbetrag so deutlich, dass er
> entweder die Mitglieder bewegt, die Arbeitsstunden
> zu leisten oder daraus Dritte bezahlt werden
> können.


Pflichtstunden notfalls über die Drohung des Ausschlusses bzw. der Kündigung des Pachtvertrages zu sanktionieren macht m.E. für einen Kleingärtner-Verein Sinn, da die Mitglieder sowieso einen nicht unerheblichen Zeitaufwand in ihren eigenen Kleingarten stecken müssen und es da auf eine Handvoll Pflichtstunden auf der Gemeinschaftsanlage eigentlich nicht ankommt.

Als nicht-Kleingärtner und mit zwei linken Händen ausgestatteter Vereinsvorstand sehe ich das Erzwingen der Mitarbeit mit gemischten Gefühlen: Einerseits fehlt uns wie den meisten Vereinen die Eltern-/Mitglieder-Beteiligung und es bleibt immer mehr an den wenigen Engagierten hängen, andererseits habe ich Verständnis, dass körperliche/handwerkliche Mitarbeit nicht jedem „liegt“. Mein spontaner Gedanke wäre, gut, dann generieren wir darüber zusätzliche Einnahmen für den Verein und kaufen uns ggfs. die noch benötigten Dienstleistungen einfach ein.

Re: Gemeinschaftsarbeit
von: boernie53 ()
Datum: 18.10.2017

Hallo, erstmal recht herzlichen Dank für die tollen Antworten.. Zum letzten Beitrag meine ich, dass die Gemeinschaftsstunden nicht nur aus handwerklichen Arbeiten bestehen, sondern durchaus auch einfache gärtnerische Tätigkeiten , wie hacken, harken, Rasen mähen, die Hauptaufgaben sind. Und es ist möglich Termin und Arbeiten die ganze Saison lang abzusprechen. Die Ausrede, man hätte keinen erreicht, zählt auch nicht, da zwei Vorstandbriefkästen und Telefonnummern nur darauf warten genutzt zu werden. Persönlich sind wir auch fast täglich ansprechbar und verweisen niemanden auf Sprechzeiten. Also null Problem!
Wer will, der kann.
Also werden wir wohl eine Abmahnung schicken. Gibt es da etwas besonders zu beachten.? Kann die Bekanntgabe im Schaukasten und in der MV mit Name und Parzellennummer erfolgen?

Viele Grüße
boernie53

Re: Gemeinschaftsarbeit
von: Kizu ()
Datum: 19.10.2017

Sorry, die Gegenfrage kann ich mir nicht verkneifen: Darfst Du bzw. würdest Du als Arbeitgeber die Abmahnung Deines Arbeiters Max Mustermann am Schwarzen Brett bekanntgeben?
Eine Bekanntgabe im Schaukasten würde ich aus Datenschutzgründen verneinen, das wird sehr teuer.

Ein späterer Tagesordnungspunkt auf der Einladung zur MV a la "Abstimmung über den Einspruch des Mitglieds XY gegen den Vereinsausschluss" ohne nähere Angaben zum Ausschlussgrund erscheint mir hingegen unproblematisch.

Re: Gemeinschaftsarbeit
von: Wolfgang Pfeffer ()
Datum: 19.10.2017

Was die Bekanntgabe am Schwarzen Brett anbelangt, hätte ich auch datenschutzrechtliche Bedenken.

Re: Gemeinschaftsarbeit
von: Hardy ()
Datum: 19.10.2017

Boernie, kopiere das Dir mal bitte, Hr. Pfeffer hat Recht.

Was darf in den Schaukasten?

Eine Informationsmöglichkeit des Vereins ist der Vereinsschaukasten oder das so genannte "schwarze Brett". Dort hängt der Verein Nachrichten, Einladungen, Ankündigungen und Mitteilungen aus. Dabei ist selbstverständlich der Datenschutz zu beachten.

Was darf also in den Vereinsschaukasten? Allgemeine Mitteilungen über Vereinsgeschehen, die keine besonderen Personendaten enthalten:
• Einladungen zu Mitgliederversammlungen, Festen, Gemeinschaftsarbeit, Fachvorträgen
• Informationen über Beschlüsse des Vorstandes, z. B. Ruhezeiten, Befahren der Wege mit Fahrrädern, Verbrennen von Abfällen
• Fachinformationen, Fachberatertipps
• Angabe von Ansprechpartnern in Vereinsangelegenheiten (Funktion und Erreichbarkeit
• Lageplan der Kleingartenanlage mit Namen und Parzellenbezeichnung zur Auffindung, wenn ein Pächter widerspricht, dürfen diese Informationen nicht öffentlich gemacht werden.
Vorsicht bei persönlichen Daten:
• Persönliche Ereignisse wie Geburtstage, Hochzeiten nur so, wie es im Verein beschlossen worden und üblich ist (ansonsten vorsichtshalber die Betroffenen fragen)
• Keinesfalls Abmahnungen wegen mangelnder kleingärtnerischer Nutzung oder anderem
• Keinesfalls Zahlungsverzug von Pacht und Nebenkosten mit namentlicher Nennung, da der Vereinsschaukasten für jedermann öffentlich zugänglich ist.
Quelle. Gartenfreunde Riesa e.V.
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In der Regel beschliesst der Vorstand die Abmahnung. Wenn sich ein "Abgemahnter" in der MV darüber beschwert, wird er das begründen müssen. Da möchte der Vorstand auch eine solide Antwort parat haben.
Es gibt genügend Handbücher zum Vereinsrecht, wie von Sauter/Waldner. Über Google mal fragen!

Hardy