Vereinsknowhow - Kurzinfo:
Keine Umsatzsteuerermäßigung bei unzureichender Vermögensbindungsklausel

Stand: 7.10.2009

Dringenden Handlungsbedarf erzeugt ein neues Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH). Es betrifft alle gemeinnützigen Organisationen, die umsatzsteuerpflichtig sind und die Vermögensbindungsklausel in ihrer Satzung noch nicht an die Neufassung des § 61 Abgabenordnung (AO) angepasst haben.

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG gilt für die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, der ermäßigte Umsatzsteuersatz - außer für Umsätze der steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe.
2007 wurde diese Regelung um eine Einschränkung ergänzt, die zwar nur wenige Fälle betrifft, aber klarstellte, dass die steuerliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit und die Umsatzsteuerermäßigung nicht zwingend zusammenfallen. Diese Rechtsauffassung bestätigt nur der BFH in seinem neuen Urteil (23.07.2009, V R 20/08).


Freistellungsbescheid genügt nicht

Voraussetzung für die Nutzung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes ist nach Auffassung des BFH nicht einfach die Anerkennung der Gemeinnützigkeit - per Freistellungsbescheid des Finanzamtes. Die Satzung der Körperschaft muss zudem eine Vermögensbindungsklausel enthalten, in der die Verwendung des Vermögens zu steuerbegünstigten Zwecken für die Fälle

  • der Auflösung der Körperschaft
  • der Aufhebung der Körperschaft
  • oder bei Wegfall des bisherigen Zwecks der Körperschaft

festgelegt wird.

Das ist der Fall, wenn in der Satzung die Klausel aus der Mustersatzung der Finanzverwaltung enthalten ist (früher Anlage 1 zum Anwendungserlass zur AO, jetzt Anhang 1 zu § 60 AO). Viele Satzungen enthalten aber noch eine Regelung, nach der das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks zu steuerbegünstigten Zwecken zu verwenden ist und der Beschluss über die Verwendung erst nach Einwilligung des Finanzamts ausgeführt werden darf. Diese Regelung ist aber seit 2009 (Jahressteuergesetz 2009) nicht mehr zulässig. Organisationen, deren Satzung noch eine solche Regelung enthielt, mussten aber keine sofortige Satzungsanpassung vornehmen, sondern konnten damit warten, bis ohnehin Satzungsänderungen anstanden.
Nach dem neuen Urteil des BFH gilt das aber nicht für die Umsatzsteuerermäßigung.


Satzung überprüfen

Solche Organisationen müssen deshalb so bald wie möglich ihre Satzung anpassen. Die Pflichtklausel für die Vermögensbindung aus der Mustersatzung lautet:

Bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke fällt das Vermögen der Körperschaft
1. an - den - die - das - ... (Bezeichnung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft), - der - die - das - es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zu verwenden hat
oder
2. an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine andere steuerbegünstigte Körperschaft zwecks Verwendung für ... (Angabe eines bestimmten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecks, z. B. Förderung von Wissenschaft und Forschung, Erziehung, Volks- und Berufsbildung, der Unterstützung von Personen, die im Sinne von § 53 der Abgabenordnung wegen ... bedürftig sind, Unterhaltung des Gotteshauses in ...).

Unmittelbar betroffen sind aber nur Organisationen, die im Zweckbetrieb oder der Vermögensverwaltung Umsatze zu ermäßigten Steuersatz haben. Vielfach greifen Umsatzsteuerbefreiungen, dann besteht kein Problem. Lesen sie dazu im Online-Handbuch im Beitrag "Umsatzsteuer" (Abo-Bereich).


Droht eine Nachversteuerung?

Nach Auffassung des BFH könnten die Finanzämter eine Nachversteuerung vornehmen, wenn die Satzung den genannten Anforderungen nicht entspricht. Wie die Finanzverwaltung das handhabt, ist noch unklar. Von der Gewährung einer Übergangsfrist kann aber nicht unbedingt ausgegangen werden. Denkbar wäre aber ein Erlass der Steuerschuld nach § 227 AO, weil im Vertrauen auf die Richtigkeit von Verwaltungsanweisungen entsprechende Dispositionen getroffen wurden.
Der Entzug der Gemeinnützigkeit - und damit die Nachversteuerung bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer - droht aber nicht. Die neue Rechtsauffassung bezieht sich nur auf die Umsatzsteuer.

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