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- Kurzinfo:
Umfängliche Änderungen im Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht |
28.12.2020 Am 28.12.2020 wurde das Jahressteuergesetz 2020 verkündet. Damit treten die umfänglichsten Änderungen im Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht seit 2013 in Kraft.
Der Übungsleiterfreibetrag wird ab 2021 von 2.400 Euro auf 3.000 Euro erhöht (§ 3 Nr. 26 Satz 1 EStG). Der Ehrenamtsfreibetrag wird von 720 Euro auf 840 Euro erhöht (§ 3 Nr. 26a Satz 1 EStG).
Die lange geforderte Erhöhung der Umsatzfreigrenze für steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von 35.000 auf 45.000 Euro wird jetzt umgesetzt (§ 64 Abs. 3 AO) Schon ab 2020 bleiben die Gewinn bzw. Überschüsse der steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe damit körperschaft- und gewerbesteuerfrei, wenn deren Einnahmen im betroffenen Jahr nicht über 45.000 Euro (einschließlich Umsatzsteuer) lagen.
Die zeitnahe Mittelverwendung gilt ab 2020 nur noch für gemeinnützige Einrichtungen mit jährlichen Einnahmen von mehr als 45.000 Euro. § 55 Absatz 1 Nummer 5 AO wird entsprechend ergänzt. Nach dieser Regelung müssen steuerbegünstigte Körperschaften alle Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die satzungsmäßigen Zwecke verwenden. Die Grenze von 45.000 Euro bezieht sich auf die Gesamteinnahmen, d.h. die kumulierten Einnahmen des ideellen Bereichs, des Zweckbetriebs, der Vermögensverwaltung und des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes.
Die bisherigen Regelungen zur Mittelweitergabe (§ 58 Nr. 1 und 2 AO) werden zusammengefasst und erweitert. Jetzt gilt:
Die Neuregelung der Mittelweitergaben wird um eine Vertrauensschutzregelung im neuen § 57a AO ergänzt. Bisher war nicht gesetzlich geregelt, inwieweit die Geberkörperschaft die Mittelverwendung bei der Empfängerorganisation kontrollieren muss bzw. haftet, wenn diese die Mittel nicht zweckgebunden verwendet. Die Finanzverwaltung war aber der Meinung, eine Mittelfehlverwendung wäre dem Empfänger zuzurechnen (AEAO, Ziffer 2, Satz 11 zu § 58 Nr. 2 AO). Der neue § 58a AO schließt diese Regelungslücke. Danach besteht ein Vertrauensschutz für den Mittelgeber, wenn er sich anhand eines vorgelegten Nachweises über die Gemeinnützigkeit von der Steuerbegünstigung des Empfängers überzeugt.
Bisher bezog sich die Gewährung der Gemeinnützig bei einer Neubeantragung (Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abs. 1 AO) ausschließlich auf die vorlegte Satzung. Das Finanzamt durfte die Gemeinnützigkeit auch dann nicht verweigern, wenn es Erkenntnisse hatte, dass tatsächliche Aktivitäten die Gemeinnützigkeit ausschlossen. Das ändert sich mit dem neu eingefügten Absatz 6 des § 60a AO. Ziel der Regelung – so die Begründung im Gesetzesentwurf – ist die rechtsmissbräuchliche Verwendung des Feststellungsbescheids nach § 60a AO auszuschließen. Damit kann z. B. bei extremistischen Organisationen die Gemeinnützigkeit vorab ausgeschlossen werden. In solchen Fällen soll nicht der „Rechtsschein der Gemeinnützigkeit“ entstehen.
Nach dem im Gemeinnützigkeitsrecht geltenden Unmittelbarkeitsgrundsatz muss eine Körperschaft ihre satzungsgemäßen Zwecke grundsätzlich selbst verwirklichen. Das führte bisher dazu, dass Hilfsbetriebe (z.B. eine Krankenhauswäscherei) in rechtlich eigenständiger Form nicht gemeinnützig sein können, wenn sie nicht selbst einen gemeinnützigen Zweck verfolgen, sondern nur Leistungen für andere gemeinnützige Einrichtungen erbringen. Das ändert sich mit dem neuen § 57 Abs. 3 AO: Das planmäßige Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren gemeinnützigen Körperschaft gilt jetzt als unmittelbare Zweckverwirklichung. Körperschaften können sich dadurch arbeitsteilig organisieren. Das gilt speziell auch für die Ausgliederung von Serviceleistungen in eigenständige Körperschaften. Leistungen, die den gemeinsamen Zweck im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs verwirklichen, fallen dann nach den allgemeinen Regelungen (§§ 65 bis 68 AO) in den Zweckbetrieb. Für die Prüfung der Zweckbetriebseigenschaft – so die Erläuterung im Gesetzentwurf – wird die Gesamtleistung der beteiligten Organisationen betrachtet. Sind dabei die Anforderungen an einen Zweckbetrieb erfüllt, werden die Teilleistungen bei allen Beteiligten als Zweckbetrieb behandelt.
Die neue Regelung des § 57 Abs. 4 AO ermöglicht künftig die Gemeinnützigkeit von Holding- und Beteiligungsgesellschaften. Eine Körperschaft verfolgt künftig ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar, wenn sie ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften hält und verwaltet. Zur Begründung dieser Erweiterung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes führt die Erläuterung des Gesetzesentwurfes an, dass sich durch die Aufteilung der Tätigkeit auf mehrere Gesellschaften nur die Struktur, aber nicht das gemeinnützigkeitsrechtliche Gesamtbild ändert. Die Neuregelung erleichtert die Bildung konzernartiger Strukturen im gemeinnützigen Sektor. Bisher konnten Mutter- und Beteiligungsgesellschaften nur gemeinnützig sein, wenn sie jeweils eigene steuerbegünstige Tätigkeiten ausübten. Künftig können alle Tätigkeiten in Tochtergesellschaften ausgelagert werden, während sich die Muttergesellschaft auf das Halten und Verwaltung der Anteile beschränkt.
Für Zuwendungen bis zu 200 Euro genügt als steuerlicher Spendennachweis ein Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts. Ein Zuwendungsnachweis nach amtlichem Mustertext ist nicht erforderlich. Die Grenze für solche Kleinspenden steigt zum 1.01.2021 auf 300 Euro.
Mit dem neuen § 60b AO wird 2024 ein Zuwendungsempfängerregister eingeführt. Zuständig dafür ist das Bundeszentralamt für Steuern. Die Daten dafür werden von den Finanzämtern übermittelt. Das Register ist öffentlich zugänglich und soll Transparenz darüber schaffen, welche Organisationen Zuwendungsbestätigungen ausstellen dürfen. Das zentrale Register soll auch der Ausgangspunkt für Anwendungen werden, mit denen Spendenbescheinigungen für Organisationen, Spender und Steuerverwaltung künftig digital abgewickelt werden können. Hinweis: Für die gemeinnützigen Einrichtungen gibt es keine Meldepflichten, weil die Daten vom Finanzamt übermittelt werden.
Ab 2024 soll der amtliche Mustertext für Zuwendungsbestätigungen auch für ausländische Spendenempfänger gelten. § 50 Absatz 1 Satz 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung wird deswegen aufgehoben. Das ist möglich, weil das Bundeszentralamt für Steuern künftig dafür zuständig ist, zu prüfen, ob Körperschaften ohne Sitz in Deutschland den Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO entsprechen. Bisher nimmt diese Prüfung das Finanzamt vor, das für den jeweiligen Spender zuständig ist. Ausländische Organisationen haben künftig einen Anspruch auf eine inhaltliche Überprüfung der Gemeinnützigkeit für ihre Tätigkeit, wenn sie eine Zuwendung von einem deutschen Steuerpflichtigen bestätigen möchten.
Ergänzt bzw. spezifiziert wird durch das Jahressteuergesetz auch der Katalog gemeinnütziger Zwecke in § 52 Abs. 2 AO:
§ 66 bis 68 AO definiert besondere Zweckbetriebe (Katalogzweckbetriebe). Anders als bei den allgemeinen Zweckbetrieben nach § 65 AO muss hier für die Steuerbegünstigung nicht nachgewiesen werden, dass sie für die Erreichung des Satzungszwecke notwendig sind und nicht mehr als unvermeidbar in Konkurrenz zu gleichen oder ähnlichen nicht begünstigen Betrieben treten.
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