Vereinsknowhow - Kurzinfo:
Wettbewerbsverbot bei Zweckbetrieben


Hofläden als Zweckbetriebe: Hofläden können - unter besonderen Bedingungen - Zweckbetriebe eines der Wohlfahrtspflege dienenden Steuerpflichtigen darstellen.

FG Köln 18.6.2015, 10 K 759/13


Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei den „Hofläden”, die vom Kläger in den Einrichtungen A-Haus in F (Tz. 2.3.1. BP-Bericht und Anlage 1 A und B) und „Kantine”/Hofladen in der Einrichtung C in D (Tz. 2.4.2. BP-Bericht und Anlage 4) betrieben werden, um steuerbegünstigte Zweckbetriebe handelt.

Der Kläger ist Mitglied im G für das *** E e.V., einer Untergliederung des Deutschen G e.V., einen amtlich anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege gemäß § 23 UStDV. Er setzt sich als Träger (teil-) stationärer Einrichtungen und dem Ambulant Betreuten Wohnen für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten ein (§ 67 ff. SGB XII), für Menschen mit einer wesentlichen Behinderung (§ 53 SGB XII) und ebenso für Menschen, die dauerhafte Hilfe zum Leben in Einrichtungen benötigen (§ 35 SGB XII). Besondere Zielgruppe des Klägers sind ältere, wohnungslose und suchtmittelabhängige Menschen. Satzungszweck des Klägers ist gemäß § 2 der Satzung „Leistung von Hilfe für Nichtsesshafte oder von Nichtsesshaftigkeit Bedrohten durch Beratung und Gewährung bzw. Vermittlung von Hilfen, die eine Wiedereingliederung erleichtern, durch Gewährung von Unterkunft, Bekleidung, Verpflegung und Arbeitsmöglichkeiten durch Angebote arbeitstherapeutischer und anderer therapeutischer Hilfen”.

Um diese, durch sämtliche gesellschaftlichen Hilferaster gefallenen Menschen aufzufangen, betreibt der Kläger in der Einrichtungen A-Haus in F und in der Einrichtung C in D jeweils ein Altenwohn- und Pflegeheim, stationäre Einrichtungen der Gefährdetenhilfe (§ 67 ff. SGB XII) sowie ambulant betreute Wohneinrichtungen für Menschen mit seelischen Behinderungen (§ 53 SGB XII) und Landwirtschaft. Die stationären Einrichtungen richten ihr Angebot an Menschen, die von Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit betroffen und/oder hinsichtlich Suchtproblematiken auffällig geworden sind. Es handelt sich bei beiden Einrichtungen um dorfähnliche Anwesen mit eigener Kirche, Metzgerei und landwirtschaftlichem Betrieb. Sie bieten den Einrichtungsbewohnern therapeutische Betreuung und sinngebende Beschäftigung in Werkstätten, Küche, Wäscherei und Landwirtschaft.

Die Bewohner der Einrichtungen bleiben zwischen einem Monat und einem Jahr in den stationären Einrichtungen der Gefährdetenhilfe oder befinden sich dauerhaft im Alten- und Pflegeheim. ln den streitbefangenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, d.h. den beiden Hofläden der Einrichtungen übernehmen die Bewohner unter Anleitung von festangestellten Mitarbeitern in erster Linie Hilfsdienstleistungen (etwa durch Zählen, Messen, Wiegen beim Ermitteln der Warenbestände, beim Einräumen der Regale und als Ansprechpartner hinter der Theke; ein selbstständiges Kassieren von Geldbeträgen erfolgt nur in wenigen Fällen durch solche Bewohner, die sich in der Vergangenheit bewährt und als vertrauenswürdig erwiesen haben). Der Hofladen in F erstreckt sich über zwei größere Räume und ist einfach mit Regalen, Kühltheken und einer Theke mit Kasse eingerichtet. Der Hofladen in D befindet sich in den Kellerräumen der Einrichtung.

Die Hofläden bieten ein begrenztes Warensortiment (z.B. frische Lebensmittel, Konserven, Getränke, Drogerieartikel, Zeitschriften, Süßigkeiten etc.), aus dem sich die Bewohner der Einrichtungen mit ihrem frei verfügbaren Taschengeld (monatlich ca. 90 EUR) selbst versorgen können. Da die Einrichtungen sehr abgeschieden liegen und die Möglichkeit von Einkäufen in der Umgebung nicht gegeben und auch aus therapeutischer Sicht nicht gewünscht ist, bietet das Angebot der Hofläden den Bewohnern eine Auswahl an Dingen des täglichen Bedarfs und entspricht damit der allgemeinen Vorstellung eines ländlich gelegenen „Tante-Emma-Ladens”. Das Angebot des Hofladens der Einrichtung in F ist außerdem darauf abgestimmt, dass die Heimbewohner sich für Frühstück und kleinere Mahlzeiten selbst versorgen können, da die Bewohner dort auch in Wohngemeinschatten (6 Personen pro Haus) untergebracht sind.

Aufgrund der vorhandenen Suchtprobleme der Bewohner ist eine alkoholabstinente Lebensweise in den Einrichtungen vielfach nicht möglich. Daher wird seit dem Streitjahr 2006 in den Hofläden von festangestellten Mitarbeitern der Einrichtungen kontrolliert Alkohol an die Bewohner verkauft (3-5 Flaschen Bier bzw. Wein pro Tag zum Selbstkostenpreis, keine Spirituosen GA. Bl. 33). In der Zeit davor erfolgte nicht der Verkauf, sondern die Ausgabe von 3-5 Flaschen Bier an alle Bewohner der Einrichtung durch persönliche Zuteilung; eine selbstkontrollierte Kaufentscheidung war nicht möglich. Hieraus hatte sich allerdings ein Tauschhandel mit Bier zwischen den Bewohnern der jeweiligen Einrichtung untereinander entwickelt. Außerdem hatten die Bewohner eine nahegelegene Tankstelle aufgesucht, um weitere alkoholische Getränke einzukaufen. Daher erfolgte ab dem Streitjahr ein freier Alkoholverkauf in den neu eingerichteten Hofläden in F bzw. in D. Die Bewohner entscheiden nunmehr selbst, ob sie ihr Taschengeld für Alkohol ausgeben oder nicht. Der Kläger vertritt insoweit das Betreuungskonzept des „Selbstkontrollierten Trinkens” nach Prof. Dr. Körkel. Hierbei handelt es sich um eine Alternative zu abstinenzorientierten Hilfeangeboten für Alkoholsüchtige, um insbesondere lange und schwerst-alkoholabhängige Menschen durch ein Absehen von einer A-priori-Abstinenzforderung überhaupt erreichen zu können. Die Menge des verkauften Alkohols wird durch die ausgebenden Mitarbeiter dokumentiert und ggf. im Rahmen therapeutischer Gespräche mit dem Sozialdienst thematisiert. Neben der Darstellung der Folgen des Alkoholmissbrauchs sollen die Bewohner in den Gesprächen zur Entwicklung von Perspektiven motiviert werden. Ziel ist es, dass Trinkverhalten der betroffenen Menschen selbstbestimmt zu ändern. In F wird zusätzlich ein kleines Stehcafe unterhalten, in dem neben nichtalkoholischen Getränken auch ein kleines Snackangebot (Schokoriegel etc.) vorgehalten wird.

Neben dem Programm „Selbstkontrolliertes Trinken” als Alternative zum abstinenzorientierten Hilfeangebot, gibt es in den Einrichtungen des Klägers auch völlig abstinent lebende Wohngruppen, soweit dies medizinisch erforderlich ist. Das Nebeneinander dieser mitunter gegensätzlichen Therapieansätze beruht auf dem Leitbild des Klägers, welches dem Recht auf Selbstbestimmung eine wesentliche Bedeutung beimisst.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung beim Kläger durch das FA *** wurden die Umsätze der Hofläden dem Regelsteuersatz unterworfen. Insbesondere der Verkauf von Alkohol an die Bewohner wurde mit 16% besteuert (BP-Bericht vom 13.1.2010, Tz. 2.3.1.: Hofladen A-Haus in F bzw. Tz. 2.4.2.: „Kantine”/Hofladen in D). Entsprechend erging unter dem 25.3.2010 der vorliegend streitgegenständliche Körperschaftsteuer-Änderungsbescheid für das Jahr 2006, in welchem die Einkünfte aus Gewerbebetrieb aufgrund der Behandlung der Verkaufsstellen als wirtschaftliche Geschäftsbetriebe um 8.558,23 EUR erhöht wurden. Im Laufe des Rechtsbehelfsverfahrens gegen diesen Bescheid erfolgte am 22.2.2012 eine Ortsbesichtigung in der Einrichtung A-Haus in F durch die Bearbeiterin der Rechtsbehelfsstelle bzw. am 29.3.2012 in der Einrichtung in D durch die Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Hinsichtlich der zunächst ebenfalls streitigen Besteuerung der Umsätze aus dem Stehcafe I Cafeteria in F hat der Beklagte zwischenzeitlich einen Teilabhilfebescheid erlassen, in welchem die Umsätze als steuerbegünstigte Umsätze aus Zweckbetrieb nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG mit 7% anerkannt wurden. Denn dieser Bereich werde ausschließlich von Bewohnern der Einrichtung geführt bzw. aufgesucht; auch eine Ausgabe von Bier und alkoholischen Getränken erfolge nicht.

Streitig blieben die folgenden Umsätze aus den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben „Hofläden”:

Brutto-UmsätzeC-Haus, FTz. 2.3.1. Anl. 1 A196.270 EUR Konto *** „Kantine”/Hofladen in DTz. 2.4.2. Anl. 4143.263 EUR Konto ***
Soweit der Beklagte allerdings im Klageverfahren den Anteil Alkohol/Getränke in 2006 mit 86,9% vom Gesamtumsatz in F und 92,35% in D wiedergegeben hat, ergibt sich aus dem BP-Bericht vom 13.1.2010, dass die Abgabe von Getränken im Fall des A-Haus in F mit 36,53% zu beziffern ist. Die Differenz zu dem vom Beklagten genannten Anteilswert von 86,9% (50,37%) entfällt auf die sonstigen Verkäufe von Handelswaren zum Regelsteuersatz. Auch für das C in D entfällt der vom Beklagten wiedergegebene Anteilswert von 92,35% sowohl auf Getränke als auch auf sonstige Verkäufe von Handelswaren zum Regelsteuersatz (GA. Bl. 54). Der Beklagte hat die diesbezügliche Angabe des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 18.6.2015 unstreitig gestellt.

Der Einspruch des Klägers betreffend die Umsätze aus den Hofläden blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 14.2.2013). Diese seien steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe der Einrichtungen in F und D, da die Voraussetzungen von Zweckbetrieben i.S. der §§ 66 bzw. 65 AO nicht gegeben seien; aus diesem Grunde finde auch die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 8 a) UStG - ermäßigter Steuersatz - keine Anwendung.

Zunächst liege kein besonderer Zweckbetrieb nach § 66 AO vor. Zwar diene die Einrichtung in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen und erfülle damit die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 AO hinsichtlich des Personenkreises. Allerdings seien die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AO nicht gegeben. Wohlfahrtspflege sei die planmäßige zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen. Sie sei ein Unterfall der Mildtätigkeit i.S. des § 53 AO, so dass nur diejenige Unterstützung als mildtätig anzusehen sei, auf die der Hiifsbedürftige angewiesen sei bzw. die er benötige, also etwa die Unterstützung im Bereich Kranken-, Alten- und Behindertenpflege, häusliche Pflege sowie die Suchtbetreuung. Nicht zur Wohlfahrtspflege gehöre dagegen das Angebot an üblichen Handelswaren (Zeitschriften, Hygieneartikeln etc.) und ebenso nicht der Verkauf von Alkohol an die Heimbewohner. Das Angebot und der Verkauf von Alkohol könne auch nicht im weitesten Sinne unter dem Begriff der Wohlfahrtspflege subsumiert werden. Zwar werde in der Einrichtung das Konzept des „Selbstkontrollierten Trinkens” praktiziert, jedoch handle es sich insoweit nicht um ein allgemein anerkanntes und von den Krankenkassen getragenes Therapiekonzept. Die in den Einrichtungen aufgenommenen Personen seien ehemals Obdachlose, bei denen anzunehmen sei, dass bereits schwere körperliche Vorschädigungen vorhanden seien, die sich durch weiteren Alkoholkonsum verschlimmerten. Außerdem sei davon auszugehen, dass die betroffenen Personen bereits schwere körperliche Entzugserscheinungen erlebt hätten, nachdem Sie den Alkohol abgesetzt oder reduziert hätten.

Bei körperlicher Vorschädigung bzw. schweren körperlichen Entzugserscheinungen sei die Abstinenz erstes Ziel; ein kontrolliertes Trinken könne nur an zweiter Stelle die bessere Alternative zu unkontrolliertem Zuviel-Trinken sein. Wenn auch das von der Einrichtung praktizierte Programm des „Selbstkontrollierten Trinkens” nach Prof. Dr. Körkel als die einzige praktikable Möglichkeit erscheine, die unter Umständen nicht abstinenzwilligen Alkoholiker der Einrichtung zu betreuen und daher der Verkauf von Bier als therapeutische Maßnahme möglicherweise vor dem Hintergrund einer ethischen bzw. humanen Verpflichtung gegenüber den hilfsbedürftigen Menschen der Einrichtung überzeuge, könne dies gleichwohl nicht zur Anerkennung der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe als steuerbegünstigten Zweckbetrieb nach § 66 AO führen.

Auch ein Zweckbetrieb i.S. § 65 AO liege nicht vor. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob der Verkauf von Handelswaren und alkoholischen Getränken in seiner Gesamtrichtung dazu diene, die steueregünstigten satzungsgemäßen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), denn jedenfalls die Voraussetzungen des § 65 Nr. 3 AO seien nicht erfüllt. Wettbewerb i.S. des § 65 Nr. 3 AO setze nicht voraus, dass die Körperschaft auf einem Gebiet tätig sei, in der sie tatsächlich in Konkurrenz zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art trete. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei ein Zweckbetrieb vielmehr bereits dann nicht gegeben, wenn ein Wettbewerb mit steuerpflichtigen Unternehmer lediglich möglich wäre, ohne dass es auf die tatsächliche Wettbewerbssituation vor Ort ankomme. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass die Umstellung im Streitjahr von Alkoholausgabe auf den Verkauf von Alkohol in den Hofläden der Einrichtungen dazu geführt habe, dass eine nahe der Einrichtung in F gelegene Tankstelle ihren Betrieb mangels Umsatz eingestellt habe, wie die Mitarbeiter der Einrichtung in F im Rahmen der Ortsbesichtigung erklärt hätten.

Die Klägerin macht demgegenüber geltend, die Hofläden seien steuerbegünstigte Zweckbetriebe der Wohlfahrtspflege i.S. § 66 AO. Grundlage für die Leistungserbringung des Klägers seien Verträge mit den Trägern der Sozialversicherung nach § 67 ff. SGB XII (Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten), § 53 SGB XII (Menschen mit einer wesentlichen Behinderung), § 35 SGB XII (Menschen, die dauerhafte Hilfe zum Leben in Einrichtungen benötigen) und dem SGB XI für die Altenwohn- und Pflegeheime. Die durch die Hofläden versorgten Personen seien infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen, so dass die Klägerin mildtätige Zwecke i.S. § 53 AO verfolge. Da die Hofläden von den Bewohnern der Einrichtungen bewirtschaftet würden und die Verkäufe der Hofläden ausschließlich von Bewohnern beansprucht würden, kämen mindestens zwei Drittel der Leistungen der Klägerin diesem Personenkreis zugute, so dass die Voraussetzung des § 66 Abs. 3 AO erfüllt seien.

Der Beklagte verkenne, dass zum praktizierten Therapieansatz „Selbstkontrolliertes Trinken” nach Prof. Dr. Joachim Körkel auch der Verkauf von höchstens drei bis fünf Flaschen Bier pro Tag zähle; diese Menge entspreche im Übrigen unstreitig auch dem vom LVR befürworteten täglichen Alkohol-Ausgabedeputat. Ebenfalls blende der Beklagte aus, dass der Verkauf von Bier an Bewohner ausgeschlossen sei, bei denen diesbezüglich medizinische Vorbehalte bestünden. Beim diesem Therapieansatz handle es sich entgegen der Auffassung des Beklagten um ein in der Wissenschaft und Praxis anerkanntes und von den Krankenkassen getragenes Therapiekonzept (Hinweis auf das Schreiben an den Beklagten vom 8.11.2012 - Prüferhandakte - mit Quellenangaben, nach denen belegt sei, dass Alkoholgenuss in Maßen die Gefahr von Herzerkrankungen reduziere). Auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung habe in ihrem Drogen- und Suchtbericht (Mai 2008) die Förderung zieloffener Suchtberatung in Gestalt des Therapieansatzes „Selbstkontrolliertes Trinken” durch die BKK als beispielgebendes Projekt aus dem Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bezeichnet. Insoweit sei es unzutreffend, wenn der Beklagte die BKK als einzige Krankenkasse bezeichne, die den streitigen Therapieansatz anerkannt habe. Nach Auskunft der GK Quest Akademie GmbH werde der Therapieansatz „Selbstkontrolliertes Trinken” mittlerweile auch von der Knappschaft, der BIG direkt gesund, der IKK classic und der IKK Brandenburg, der AOK Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, der DAK, der BEK, der KKH sowie der TKK anerkannt. Außerdem sei das von Prof. Dr. Körkel entwickelte Therapiekonzept in den USA und auch in den Niederlanden anerkannt.

Hilfsweise handle es sich um einen Zweckbetrieb nach § 65 AO, da der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu diene, die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke zu verwirklichen und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht steuerbegünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb trete als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar sei. Die Arbeit in den Hofläden sei integrativer Bestandteil des Rehabilitationskonzeptes der Einrichtungen. Der Fokus der Hofläden liege darauf, durch die Eingliederung der Bewohner in den normalen Arbeitsprozess deren Genesungserfolge zu fördern und auszubauen. Den Bewohnern werde in den Hofläden mit berufs- und sozialpädagogischer Betreuung durch medizinisch, psychologisch, pädagogisch oder anderweitig geschultes Personal eine Tagestruktur und die nötige Stabilität vermittelt. Eine Konkurrenzsituation sei nicht gegeben, da die Leistungen der Hofläden zur Versorgung der Bewohner der Einrichtungen vorgehalten würden. Diese stünden aufgrund der räumlich abgeschiedenen Lage nicht im Wettbewerb mit nichtbegünstigten Betrieben, zumal die Hofläden lediglich in dem Umfang betrieben würden, als es für die optimale Betreuung der Bewohner unerlässlich sei. Insoweit seien Vorteile bei der Wettbewerbssituation aufgrund der übergeordneten gemeinnützigen Zielsetzung hinnehmbar.

Soweit der Beklagte auf die konkrete Wettbewerbssituation zur Tankstelle abstelle, die ihren Betrieb in zeitlichem Zusammenhang mit der konzeptionellen Änderung in 2006 eingestellt habe, sei es so, dass die tatsächlichen Gründe für die Einstellung des Betrieb nicht bekannt seien und ein kausaler Zusammenhang mit dem Wirken des Klägers weder nachgewiesen noch erkennbar sei. Fakt sei jedoch, dass der Betrieb der Tankstelle den Therapieansatz „Selbstkontrolliertes Trinken” und seine Erfolgsaussichten in der Vergangenheit konterkariert habe. Denn die dort zu erwerbenden hochprozentigen alkoholischen Getränke (Wodka, Korn, Rum etc.) seien in den Einrichtungen des Klägers strikt verboten. Soweit die Maßnahmen des Klägers, den Besitz von hochprozentigen alkoholischen Getränken durch seine Klienten zu unterbinden, zu einem Umsatzeinbruch auf Seiten der Tankstelle und damit letztlich zu einem Scheitern des Geschäftsmodells der Tankstelle geführt haben sollten, so sei dieser Umstand jedenfalls nicht dem Ansatz der zieloffenen Suchtberatung durch den Kläger und dem Vorhalten der Verkaufsstellen geschuldet. Letztlich hätte auch jede abstinenzorientierte Einrichtung der Suchtberatung mit einer Durchsetzung des Verbots von hochprozentigem Alkohol der Tankstelle ihre Geschäftsgrundlage entzogen.

Soweit der Beklagte auf den theoretischen Wettbewerb mit anderen - steuerpflichtigen - Betrieben abstelle, die vergleichbare Handelswaren anböten, so sei dieser für den Kläger unvermeidbar, wenn er seine steuerbegünstigten Zweck erfüllen wolle. Die Verkaufsstellen ermöglichten es dem Kläger seinen Klienten eine sinnvolle, abwechslungsreiche und realitätsnahe Arbeitstherapie auch im Bereich des Einzelhandels anzubieten. ln derartigen Fällen bestehe nach Auffassung des BFH ein hinreichend sachlicher Grund für eine steuerrechtliche Begünstigung gegenüber den Wettbewerbern (Hinweis auf BFH-Urteil vom 26.4.1995 - I R 35/93, BFHE 177, 339, BStBl II 1995, 767, DB 1995, 2579).

Der Kläger beantragt den Körperschaftsteuerbescheid für 2006 vom 25.3.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.2.2013 dahin zu ändern, dass die wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben „Hofladen” in der Einrichtung A-Haus in F und „Kantine”/Hofladen in der Einrichtung C in D als begünstigten Zweckbetriebe behandelt werden.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bezieht sich dazu im Wesentlichen auf die Begründung in der Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, ein Zweckbetrieb i.S. des § 66 AO sei nicht gegeben, da in den Hofläden im wesentlichen Alkohol/Getränke und andere übliche Handelswaren verkauft würden. Auch wenn es zutreffend sei, dass der Anteil des Getränke-/Alkoholverkaufs am Gesamtumsatz nur 36,53% betragen habe und der Anteil am Verkauf anderer Handelswaren 50,37%, sei dies nicht entscheidungserheblich, da auch der Verkauf von üblichen Handelswaren nicht zur Wohlfahrtspflege gehöre.

Das „Selbstkontrollierte Trinken” nach Prof. Dr. Körkel sei zumindest in Deutschland ein höchst umstrittenes Therapiekonzept. Daran habe sich auch durch die Bezuschussung einer solchen Therapiemaßnahme durch eine einzige Krankenkasse, nämlich die BKK, nichts geändert. Eine bundesweite Anerkennung dieses Therapieansatzes gebe es bisher nicht. Es handle sich somit nicht um ein in Wissenschaft und Praxis allgemein anerkanntes und von den Krankenkassen getragenes Therapiekonzept. Aber auch wenn der Therapieansatz von anderen Kassen unterstützt werde, handle es sich bei der GK Quest Akademie um ein privates Fortbildung und Beratungsinstitut. Der Hinweis dieses Instituts, dass die Kursprogramme mittlerweile von einem Großteil der Krankenkassen geprüft und als Angebot i.S. § 20 SGB V anerkannt werde, reiche nicht als Nachweis für ein in der Praxis allgemein anerkanntes und von den Krankenkassen insgesamt getragenes Therapiekonzept. Der Leitfaden Prävention des GKV-Spitzenverbandes enthalte unter 5.2.5 allgemeine Ausführungen zu Präventionsprinzipien für den gesundheitsgerechten Umgang mit Alkohol. Bei den dortigen Ausführungen zur Methodik werde der Therapieansatz von Prof. Dr. Körkel nicht erwähnt.

Auch die Voraussetzungen des § 65 AO seien nicht gegeben. Die von der Klägerin in den Einrichtungen A-Haus in F und C in D vorgehaltenen Beschäftigungsmaßnahmen in den Verkaufsstellen könnten auch nicht als „integrativer Bestandteil eines therapeutischen Gesamtkonzepts” bezeichnet werden, da aufgrund der Feststellungen im Rahmen der Betriebsprüfung und bei der Ortsbesichtigung im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren am 22.2.2012 die betreuten Personen lediglich Hilfstätigkeiten und Hilfsdienstleistungen ausführten; sie würden von festangestellten Mitarbeitern angeleitet und seien nicht eigenverantwortlich tätig. Diese Hilfsarbeiten nach Anleitung entsprächen kaum dem typischen Berufsbild im Einzelhandel, und es sei zweifelhaft, ob die betreuten Bewohner danach eine normale Arbeitsstelle bekämen. Die Ausführung von Hilfstätigkeiten rechtfertige es nicht, den Kläger als arbeitstherapeutische Beschäftigungsgesellschaft anzusehen, da die Art der ausgeführten Arbeiten die Bewohner nicht mit den Anforderungen regulärer Arbeitsplätze außerhalb der Einrichtung vertraut machten. Das vom Kläger erwähnte, den Fall einer arbeitstherapeutischen Beschäftigungsgesellschaft betreffende BFH-Urteil vom 26.4.1995 - I R 35/93 sei deshalb nicht einschlägig. Der Verkauf von Waren stelle nur insoweit einen Zweckbetrieb dar, soweit dies das Ergebnis beruflicher Qualifikations- und Umschulungsmaßnahmen sei. Davon könne im Streitfall keine Rede sein (Hinweis auf BMF-Schreiben vom 11.3.1992, BStBl I 1993, 214).

Die Einstufung der Verkaufsstellen in F und D als Zweckbetriebe gemäß 65 AO scheitere im Übrigen daran, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb „Verkauf von Waren/ Bier” nicht in seiner Gesamtrichtung dazu diene, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke des Klägers zu verwirklichen. Ein Getränkeverkauf werde regelmäßig als steuerschädlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb angesehen. Satzungszweck des Klägers sei gemäß § 2 der Satzung „Leistung von Hilfe für Nichtsesshafte oder von Nichtsesshaftigkeit Bedrohten durch Beratung und Gewährung bzw. Vermittlung von Hilfen, die eine Wiedereingliederung erleichtern, durch Gewährung von Unterkunft, Bekleidung, Verpflegung und Arbeitsmöglichkeiten durch Angebote arbeitstherapeutischer und anderer therapeutischer Hilfen”. Der Beklagte könne nicht erkennen, inwieweit der Verkauf von 3-5 Flaschen Bier pro Tag an bereits alkoholkranke Menschen die einzige Möglichkeit sei, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, wie dies in § 65 Nr. 2 AO vom Gesetzgeber gefordert werde und dass diese Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden könnten. So erkläre der Kläger selbst, dass der Verkauf von Bier an Bewohner ausgeschlossen sei, wenn diesbezüglich medizinische Vorbehalte bestünden. Dieser Befund bestehe aber aus medizinischer Sicht von Ärzten und Krankenkassen generell bei der Betreuung von bereits suchtkranken Bewohnern, und daran scheitere auch die allgemeine Anerkennung der Therapie nach Prof. Körkel. Daher komme es nicht einmal mehr darauf an, ob im Hinblick auf die Einstellung des Tankstellenbetriebs mangels Umsatzes die Voraussetzung des § 65 Nr. 3 AO gegeben sei.

Der Kläger hält demgegenüber das Merkmal der Eigenverantwortlichkeit nicht für ein geeignetes Abgrenzungskriterium. Entscheidungserheblich sei vielmehr, ob die Tätigkeit mit dem Berufsbild im Einzelhandel vergleichbar sei und damit Praxisrelevanz habe. Die Arbeit in den Verkaufsstellen gleiche dem Arbeitsumfeld eines Verkäufers respektive einer Verkäuferin in einem Einzelhandelsgeschäft und biete demnach ein wirtschaftlich sinnvolles und praxisrelevantes Erprobungsfeld, was Grundvoraussetzung für eine Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den normalen Arbeitsprozess sei.

Der Kläger habe deshalb seine steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke nur durch die vorgenannten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe erreichen können.

Im Übrigen stellten gerade auch das Auffüllen der Regale, die Ermittlung des Bedarfs für die nächste Bestellung oder aber die Beratung der Kunden typische Tätigkeiten für den Einzelhandel dar, die gemessen an dem Berufsbild keineswegs als Hilfstätigkeiten oder -dienstleistungen zu charakterisieren seien (Hinweis auf einen entsprechenden Berufssteckbrief der BfA). Verfehlt sei da die Auffassung, dass das Verkäufer-Anforderungsprofil nicht mit den Tätigkeiten der Bewohner in den Verkaufsstellen übereinstimmten. So sei die Betriebsprüfung ursprünglich davon ausgegangen, es handele sich bei den Verkaufsstellen um Kantinen (entsprechend der seinerzeitigen Kontenbezeichnung in der Buchführung) im Sinne von einer Mensa, eines Cafes oder Restaurants. Im Ortstermin sei lediglich bestätigt worden, dass nicht jeder Bewohner die Kasse bedienen dürfe und die Betreuer beim Vorgang des Kassierens unterstützten oder das Kassieren vollumfänglich übernähmen. Dies sei auch folgerichtig, da die Bewohner hinsichtlich des Hilfezieles (Teilnahme am gemeinschaftlichen Leben ohne Hilfe) und insbesondere hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit unterschiedlich seien. Von einem generellen Ausschluss von der Kassenbedienung könne keine Rede sein.

Die Nachbestellung von Waren erfolge - wie im Lebensmitteleinzelhandel üblich - nicht durch Verkäuferinnen und Verkäufer, sondern durch den Einkauf. Wie ein Verkäufer unterstützten die Bewohner jedoch die Bestandsermittlung. Im Ergebnis sei es danach nicht realitätsfremd, dass eine Tätigkeit in den Verkaufsstellen nach dem Verlassen der Einrichtungen den beruflichen Wiedereinstieg ermögliche (Hinweis auf eine Stellenanzeige der Fa. Rewe und das BFH-Urteil vom 26.4.1995 - I R 35/93, welches einen ähnlich gelagerten Fall betreffe), so dass wie in dem vom BFH entschiedenen Fall durchaus von einer arbeitstherapeutischen Beschäftigungsgesellschaft gesprochen werden könne.

Die Klage ist begründet. Bei den Hofläden in F und D handelt es sich um steuerbegünstigte Zweckbetriebe.

1. Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG wird Körperschaften gewährt, die nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§ 51 bis § 68 AO). Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG). Die Körperschaft verliert die Steuerbegünstigung jedoch nur, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68 AO) ist (§ 64 Abs. 1 AO).

2. Die Hofläden waren wirtschaftliche Geschäftsbetriebe i.S. § 14 AO, da eine selbständige nachhaltige Tätigkeit zur Einnahmeerzielung ausgeübt wurde und die Tätigkeit außerdem über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausging. Allerdings handelte es sich bei diesen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben um Zweckbetriebe, und zwar sowohl i.S. § 66 AO als auch § 65 AO.

a) Bei den Hofläden handelt es sich zunächst um Zweckbetriebe i.S. § 66 AO.

aa) Danach ist eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege ein Zweckbetrieb, wenn sie in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen dient. Letzteres (begünstigter Personenkreis) ist vorliegend unstreitig. Die durch die Hofläden versorgten Personen sind infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen, so dass die Klägerin mildtätige Zwecke i.S. § 53 AO verfolgt.

bb) Nach § 66 Abs. 3 AO ist das Tatbestandsmerkmal des „Dienens” zu Gunsten der in § 53 AO genannten Personen erfüllt, wenn diesen mindestens zwei Drittel ihrer Leistungen zu Gute kommen, was zwischen den Beteiligten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht streitig war. Das Gericht teilt diese Einschätzung. Die Hofläden kamen den betreuten Menschen in zweierlei Hinsicht zugute: Zum einen durch das Warenangebot, das ihnen nach der Abkehr vom Zuteilungssystem hin zu einer eigenständigen Einkaufsmöglichkeit im Streitjahr 2006 den eigenverantwortlichen Umgang mit Geld und die Anschaffung der für sie notwendigen Dinge einschließlich der Alkoholmenge von 3-5 Flaschen Bier zum Selbstkostenpreis ermöglichte, die auch vom LVR als tägliches Alkoholdeputat vorgesehen war. Da die Hofläden von den Bewohnern der Einrichtungen bewirtschaftet wurden und die Verkäufe ausschließlich an Bewohner erfolgten, kamen mindestens zwei Drittel der Leistungen der Klägerin diesem Personenkreis zugute.

Zum anderen konnten die betreuten Menschen in den Hofläden sinngebende Beschäftigung und einen strukturierten Tagesablauf erhalten, um im Idealfall möglicherweise sogar ins Arbeitsleben zurückzufinden, so dass die erforderliche 2/3-Grenze nicht nur in Bezug auf die Ausgangsleistungen, sondern auch in Bezug auf die in den Hofläden Beschäftigten erfüllt war. Das Gericht teilt nicht die Einschätzung des Beklagten, nach der die von den betreuten Personen ausgeübten unterstützenden Tätigkeiten generell nicht geeignet waren, ihnen ein erneutes Fußfassen in der Gesellschaft zu ermöglichen. Auch wenn die ausgeübten Tätigkeiten nur ein erster Schritt auf dem langen Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben sein konnten, war es nach dem unwidersprochenen Vortrag in der mündlichen Verhandlung so, dass die sog. „Hilfstätigkeiten” für diejenigen, die sich im Laufe der Zeit als vertrauenswürdig erwiesen, auch zur Arbeit an der Kasse führen konnte. Entscheidend ist für den erkennenden Senat, dass auch für langjährig alkoholkranke und arbeitsamtentwöhnte Menschen der Weg zurück, so er denn überhaupt erfolgreich sein kann, mit ersten kleinen Schritten beginnen muss, die der Kläger in den isoliert liegenden und von der Außenwelt weitgehend abgeschirmten Hofläden ermöglichte.

cc) Entgegen der Annahme des Beklagten handelt es sich bei den Hofläden auch um Einrichtungen der Wohlfahrtspflege.

aaa) Wohlfahrtspflege i.d.S. ist die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbes wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen (§ 66 Abs. 2 Satz 1 AO). Die Sorge kann sich auf das gesundheitliche, sittliche, erzieherische oder wirtschaftliche Wohl erstrecken und Vorbeugung oder Abhilfe bezwecken (§ 66 Abs. 2 Satz 2 AO).

bbb) Bei der Prüfung, ob ein Zweckbetrieb i.S. des § 66 AO vorliegt, ist allein auf die Tätigkeit im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb abzustellen. Zum Wohle der Allgemeinheit geschieht die Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen daher nicht bereits deshalb, weil die Körperschaften, die die Leistungen erbringen, nach ihrer Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung steuerbegünstigte Zwecke i.S. des § 53 AO verfolgen (BFH-Beschluss vom 18.9.2007 - I R 30/06, BFHE 219, 184, BStBl II 2009, 126, DB 2008, 383).

ccc) Die Zweifel des Beklagten resultieren im Streitfall daraus, dass aus seiner Sicht die Gesundheit der betroffenen Personen jedenfalls objektiv nicht gefördert wird. Insoweit geht das Gericht mit dem Beklagten davon aus, dass sich die teilweise schweren organischen Vorschäden auch durch geringe Alkoholmengen objektiv verschlimmern. Ebenso dürfte es zutreffen, dass eine Verschlimmerung der rein körperlichen Vorschädigungen nur durch Abstinenz vermieden werden kann, nicht aber durch kontrolliertes Trinken anstelle von unkontrolliertem Zuviel-Trinken.

Gleichwohl ist eine differenzierte Betrachtungsweise geboten, da sich der Mensch - auch nach dem grundgesetzlichen Menschenbild - nicht auf die Funktionsfähigkeit und das Zusammenwirken seiner einzelnen Organe beschränken lässt. Unstreitig hat der Kläger die Lebensqualität der von ihm betreuten Bewohner durch den von ihm beschrittenen „neuen Weg” deutlich verbessert. Auch wenn das Gericht die medizinische Richtigkeit des wissenschaftlich umstrittenen Ansatzes von Professor Dr. Körkel hinsichtlich des „selbst kontrollierten Trinkens” weder bestätigen noch falsifizieren kann, ist der Ansatz schlüssig und nicht unvertretbar. Jedenfalls erscheint das in den Einrichtungen praktizierte Programm des „Selbstkontrollierten Trinkens” als die einzige realistische Möglichkeit, die nicht abstinenzwilligen Alkoholiker der Einrichtung zu betreuen, zumal diese sich freiwillig dort aufhalten. Deshalb war hinsichtlich der Frage der „Gesundheitsförderung” die hochwahrscheinliche Verschlimmerung körperlicher Vorschäden gegenüberzustellen der physischen und psychischen Belastung bis hin zu erheblichen Depressionserscheinungen durch den trockenen Entzug, dem diese Menschengruppe einfach nicht gewachsen ist; sie wäre ohne die Einrichtung des Klägers nicht erreichbar und würde komplett durch das Fürsorge-Raster fallen.

Darüber hinaus hat der vom Kläger beschrittene Ansatz durchaus zu Erfolgen geführt. So war es in den Einrichtungen des Klägers in den Jahren bis zum Streitjahr so, dass das zugeteilte Alkoholdeputat als Tauschmittel „Bierwährung”) eingesetzt worden war. Diese unerwünschte Nebenerscheinung endete mit der Umstrukturierung zur freien Verkäuflichkeit der Biermenge von 3-5 Flaschen täglich. Überdies entspricht der kontrollierte Verkauf eher dem grundgesetzlichen Leitbild eines zur Selbstbestimmung fähigen Menschen als die Abgabe durch Zuteilung. Für den „neuen Weg” des Klägers spricht ferner, dass der Alkoholverbrauch insgesamt in den Einrichtungen seit Einführung des Verkaufssystems zurückgegangen ist. Im Übrigen waren besonders schwer organisch erkrankte Personen von dem Programm ausgenommen.

b) Bei den Hofläden handelt es sich außerdem um Zweckbetriebe i.S. des § 65 AO.

aa) Ein Zweckbetrieb ist nach dieser Vorschrift gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten Zwecke zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO - im Streitfall unstreitig), die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO).

bb) Nach der Rechtsprechung sind die steuerbegünstigten Zwecke ohne die wirtschaftliche Betätigung nur dann nicht erreichbar, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb sich von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen lässt, sondern als das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks anzusehen ist und es sich nicht bloß um eine Tätigkeit zur Mittelbeschaffung handelt (BFH-Urteile vom 16.12.2009 - I R 49/08, BFHE 228, 53, BStBl II 2011, 398, DB 2010, 653; vom 17.2.2010 - I R 2/08 BFHE 228, 388, BStBl II 2010, 1006, DB 2010, 1104).

Gegenstand der Hofläden war die Versorgung der betreuten nichtsesshaften oder von Nichtsesshaftigkeit bedrohten Menschen und die Schaffung einer sinngebenden Beschäftigungsmöglichkeit für diesen arbeitsentwöhnten Personenkreis durch ein Angebot von Arbeit sowie arbeitstherapeutischer und anderer therapeutischer Hilfen, im Idealfall mit dem Ziel, deren Wiedereingliederung zu erleichtern. Die Betreuung war dabei darauf ausgerichtet, den Menschen ihre Situation bewusst zu machen und Ihnen nach Möglichkeit ihre verlorene Selbststeuerungsfähigkeit wiederzugeben.

Der Senat hat erwogen, ob der gemeinnützige Zweck auch auf andere Weise verwirklicht werden kann, etwa im Wege der vom Beklagten vorgeschlagenen Zuteilung des vom LVR befürworteten Alkoholdeputats von 3-5 Flaschenbier am Tag (registrierte Zuteilung mit Vergünstigungssystem für den Fall, dass jemand weniger oder gar kein Bier in Empfang nimmt) oder im Wege der Gutscheinausgabe für normale Geschäfte außerhalb der Einrichtungen im Umkreis. Das Gericht hält diese Vorschläge allerdings für weniger geeignet als den vom Kläger beschrittenen Therapieansatz des „Selbstkontrollierten Trinkens”. Die Ausgabe in Form von Sachmitteln hat immer den Nachteil einer Bevormundung und erschwert die Zielerreichung (Rückerwerb der Selbststeuerungsfähigkeit) auch dadurch, dass das tägliche Alkoholdeputat bei dieser Darreichungsform eher als Tauschmittel missbraucht wird, wie die Erfahrung des Klägers zeigt. Es geht bei den betreuten Bewohnern um Menschen, die bis dahin durch jedes Raster gefallen sind. Jedenfalls soweit bei diesen noch ein Funken Hoffnung auf Wiedereingliederung besteht, ist das (Wieder-)Erlernen des eigenverantwortlichen Umgangs mit Geld aus Sicht des Gerichts unersetzlich. Hinzu kommen die nur an Ort und Stelle bestehenden Möglichkeiten einer Kontrolle in der Weise, dass der jeweilige Alkoholverbrauch parallel zum freien Verkauf gegen Zahlung aus dem Taschengeld nach Anlass, Menge und Zeit dokumentiert wird, um die so gewonnenen Erkenntnisse zu Therapiezwecken einzusetzen. Dies kann ein Gutschein-System für außerhalb liegende Geschäfte nicht leisten.

Hinzu kommt, dass diejenigen Bewohner, die es wollen, in den Hofläden eine Beschäftigungsmöglichkeit erhalten, die ihnen hilft, sich einen strukturierten Tagesablauf zu schaffen. Aus diesen Gründen teilt der Senat die Einschätzung des Klägers, dass die steuerbegünstigten Zwecke angesichts des besonderen Bewohner-Klientels ohne die wirtschaftliche Betätigung in Form der „Hofläden” nicht erreichbar wären, zumal der vom Kläger vertretene Ansatz des „Selbstkontrollierten Trinkens” mit dem Ziel, dass der Betroffene seine Selbststeuerungsfähigkeit zurückgewinnt, angesichts des grundgesetzlichen Menschenbildes zumindest als vertretbarer Weg erscheint, auch wenn er in Literatur und Wissenschaft hochumstritten ist.

cc) Die Hofläden treten schließlich auch nicht in größerem Umfang in Wettbewerb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO).

aaa) Die Frage, ob der - tatsächliche oder potentielle - Wettbewerb unvermeidbar i.S. von § 65 Nr. 3 AO ist, ist vor dem Hintergrund der von Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen staatlichen Wettbewerbsneutralität zu beantworten. Ein steuerlicher Eingriff in den Wettbewerb ist vor Art. 3 Abs. 1 GG nur gerechtfertigt, wenn ein hinreichender sachlicher Grund für eine steuerliche Bevorzugung bzw. Benachteiligung vorliegt (BVerfG-Beschluss vom 26.10.1976 - 1 BvR 191/74, BVerfGE 43, 58, 70). Durch steuerliche Regelungen sollen weder Marktzutrittsschranken errichtet oder Wettbewerber vom Markt verdrängt werden noch soll in sonstiger Weise der Wettbewerb beeinträchtigt werden. Diesem umfänglichen Wettbewerbsschutz unterliegt daher auch der potentielle Wettbewerb, unabhängig davon, ob im Einzelfall eine konkrete Wettbewerbssituation besteht. Wettbewerb i.S. des § 65 Nr. 3 AO setzt danach nicht voraus, dass die Körperschaft auf einem Gebiet tätig ist, in der sie tatsächlich in Konkurrenz zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art tritt (BFH-Urteile vom 27.10.1993 - I R 60/91, BFHE 174, 97, BStBl II 1994, 573, DB 1994, 1503 und vom 29.1.2009 - V R 46/06, BFHE 224, 176, BStBl II 2009, 560, DB 2009, 828).

Deshalb ist abzuwägen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem intakten Wettbewerb und an der steuerlichen Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten. Sind die von der Körperschaft verfolgten steuerbegünstigten Zwecke auch ohne steuerlich begünstigte entgeltliche Tätigkeit zu erreichen, dann ist das Interesse an der Wahrung der Wettbewerbsneutralität vorrangig und aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs vermeidbar (BFH-Urteil vom 17.2.2010 - I R 2/08 BFHE 228, 388, BStBl II 2010, 1006, DB 2010, 1104).

bbb) Davon ausgehend hat es die höchstrichterliche Rechtsprechung abgelehnt, einen vermeidbaren Wettbewerb schon aufgrund des Erzielens nur kostendeckender Einnahmen zu verneinen. Auch das Wirtschaften nach dem Kostendeckungsprinzip stellt sich als solches schon als vermeidbare Wettbewerbsbeeinträchtigung dar, sofern nicht ein vorrangiges Allgemeininteresse (beispielsweise an der Förderung bedürftiger Personen) besteht (BFH-Urteile vom 27.10.1993 - I R 60/91, BFHE 174, 97, BStBl II 1994, 573, DB 1994, 1503, vom 17.2.2010 - I R 2/08 BFHE 228, 388, BStBl II 2010, 1006, DB 2010, 1104). Ebenso lehnt es die höchstrichterliche Rechtsprechung ab, wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von Körperschaften, die arbeitslosen oder von Arbeitslosigkeit bedrohten Personen durch Angebot von Arbeit und beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen helfen wollen, schon dann als Zweckbetriebe zu behandeln, wenn sie den von Arbeitslosigkeit bedrohten Personen eine Beschäftigungsmöglichkeit bieten (BFH-Urteil vom 26.4.1995 - I R 35/93, BFHE 177, 339, BStBl II 1995, 767, DB 1995, 2579).

ccc) Der Wettbewerbsgedanke tritt allerdings zurück, wenn die gemeinnützige Körperschaft ihre Dienstleistungen oder Waren einem Personenkreis anbietet, der das Waren- oder Dienstleistungsangebot der steuerpflichtigen Unternehmen überwiegend nicht in Anspruch nimmt. Gleiches gilt, wenn die Leistungen notwendiges Mittel zur Erreichung eines ideellen Zwecks sind, den Wettbewerber ihrerseits nicht verfolgen (BFH-Urteile vom 17.2.2010 - I R 2/08 BFHE 228, 388, BStBl II 2010, 1006, DB 2010, 1104 unter Hinweis auf Urteil vom 26.4.1995 - I R 35/93, BFHE 177, 339, BStBl II 1995, 767).

Ob die Klägerin mit den Hofläden einen Zweckbetrieb unterhalten hat, hängt demnach davon ab, ob private Unternehmen gegenüber nichtsesshaften Personen vergleichbare Leistungen zu ähnlichen Bedingungen erbringen können. Wird der von der Klägerin geförderte Personenkreis in gleicher Weise auch durch steuerpflichtige Unternehmen betreut und gefördert oder wäre dies zu ähnlichen Bedingungen möglich, bedarf es keiner Steuerbefreiung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin, so dass der Wettbewerbsneutralität der Vorzug zu geben wäre (BFH-Urteil vom 17.2.2010 - I R 2/08 BFHE 228, 388, BStBl II 2010, 1006, DB 2010, 1104).

ddd) Diese Grundsätze rechtfertigen es, im Streitfall einen Zweckbetrieb anzunehmen, der nicht in größerem Umfang in Wettbewerb zu steuerpflichtigen Betrieben tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Dabei berücksichtigt das Gericht zum einen die ohnehin allenfalls begrenzt mögliche Konkurrenzsituation angesichts der bewusst gewählten und vom Campus-Gedanken getragenen isolierten Lage der Hofläden. Die Einrichtungen liegen völlig isoliert an der holländischen Grenze und in der Eifel. Daraus ergibt sich, dass der Kläger das Warenangebot in den Hofläden einem Personenkreis anbot, für den es jedenfalls nicht gewollt und auch nicht vorgesehen war, das Warenangebot der steuerpflichtigen Unternehmen der Umgegend in Anspruch zu nehmen. Zusätzlich fiel ins Gewicht, dass die Leistungen in den Hofläden - wie bereits ausgeführt - notwendiges Mittel zur Erreichung eines ideellen Zwecks sind, den Wettbewerber - etwa die vom Beklagten erwähnte Tankstelle - ihrerseits nicht verfolgten. Daher kann nicht angenommen werden, dass der vom Kläger betreute Personenkreis in gleicher Weise auch durch steuerpflichtige Unternehmen betreut, gefördert und überwacht werden konnte, so dass in der speziellen Konstellation des Streitfalls die Wettbewerbsneutralität in den Hintergrund trat.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

4. Das Gericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

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